Album der Woche: Moderat – II

Die Berliner Elektronik-Acts Modeselektor und Apparat sind wieder gemeinsam ins Studio gegangen und haben als Moderat ihr zweites Album aufgenommen. Knapp vier Jahre hat es seit ihrem Debüt gedauert, bis sie sich wieder für gemeinsame Studiozeit entschieden haben. Doch die Arbeit hat sich gelohnt.

Modeselektor und Apparat loten mit ihrem neuen Album mal wieder die Schnittstelle zwischen experimentellen Klängen und aktuellen Pop-Trends aus. Nur sechs Monate hat die Produktion gedauert und dennoch scheinen die Vorsätze wieder besonders groß gewesen zu sein. Im Vordergrund steht allerdings nicht der besagte Genre-Mix. Stattdessen ist es schlicht und einfach ein einzigartiger Klang, um den sich alles dreht, erzählt Sebastian Szary von Modeselektor:

Was beide Moderat-Alben miteinander verbindet, ist eine gewisse Tiefe von Sounds, die wir wirklich einfach suchen. Es ist fast so ein bisschen cinematic-mäßig. Wir fahren beim Musik machen auch regelmäßig Filme ab. Es ist nicht so, dass wir uns im Studio völlig wegschießen und mit geschlossenen Augen produzieren, aber es ist schon eine ziemliche Soundsache, die beide Projekte miteinander verbindet.

Tiefe statt Konserve

Diese Tiefe lässt sich sofort bestätigen. Jede Minute zeigt, wie wichtig den Berlinern die Atmosphäre ist, die sie in aufwendig entworfenen Klanglandschaften erzeugen. Das Album wird dadurch sowohl in seinen ruhigsten Momenten, als auch in den Höhepunkten zum Erlebnis. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger braucht es jedoch etwas länger, um sich vollständig zu entfalten. Es geht dieses Mal eher um ein geschlossenes Ganzes. Das Debütalbum dagegen hatte mit seinen Gastmusikern und größerer Synthie-Gewalt für mehr Sensationen gesorgt.

Es ist nicht gerade selten, dass sich Bands aus dem Pop-Sektor derzeit mit allerhand elektronischen Instrumenten ausprobieren. Ein Song wie Bad Kingdom stellt diese halbherzigen Genre-Ausflüge vieler Mainstream-Bands gekonnt in den Schatten. Beachtlich sind aber auch die klassischen Tracks der Platte, die für die Verbindung zurück zum Club sorgen. Der 10-minütige Song Milk ist ein klarer Verweis auf das hypnotische Nachtleben, in dem die drei Berliner immer noch stattfinden.

Kontrastprogramm im Studio

Apparats Einfluss scheint dieses Mal noch deutlicher zum Vorschein zu kommen. Neben seinem Gesang ist es auch die emotionale Stimmung der Songs, die stark an sein Solo-Projekt erinnert. Gegensätzlich dazu setzen Modeselektors Stücke vor allem auf energiegeladene Tracks, irgendwo zwischen Hip-Hop und Techno. Bereits Moderats erstes Album hatte beiden Acts aufgrund dieser Unterschiede viel abverlangt. Die Arbeit hat sich nun noch schwieriger gestaltet, erzählt Gernot Bronsert von Modeselektor:

Damals waren wir einfach jünger und unbedarfter. Wir sind naiver rangegangen und haben einfach gemacht. Heutzutage hat man andere Vorstellungen, weil man auch den Druck von der ersten Platte hat und dann nicht weiß, was man machen soll. Unsere musikalischen Kosmen haben sich noch weiter voneinander entfernt, als es früher der Fall war. Die eigentliche Herausforderung war, beides wieder zusammenzubringen und das Apparat- und Modeselektor-Universum miteinander verschmelzen zu lassen.

Moderat verweisen mit dem zweiten Album wieder klar auf ihre musikalische Herkunft. Ganz nebenbei gehen sie aber ein deutliches Stück auf die Masse zu. Damit ebnen sie sich gekonnt ihren Weg durch die clubbige Hintertür in die Köpfe ihrer Hörer. Moderat schaffen es erneut elektronischer Tanzmusik genauso wie dem Mainstream ihren persönlichen Stempel aufzudrücken.