Album der Woche: Sea Wolf – White Water, White Bloom

Das stürmische und ungemütliche Novemberwetter hat uns voll im Griff. Mützen, Handschuhe und heiße Getränke haben Hochkonjunktur und auch im Plattenschrank werden jetzt wieder vermehrt die düsteren, melancholischen Werke nach vorne geräumt. Der Gute-Laune-Sommerpop hat vorerst ausgedient. Sea Wolf passen mit ihrem zweiten Album „White Water, White Bloom“ hervorragend in die Herbstmusikabteilung.

Hinter Sea Wolf verbirgt sich Alex Brown Church und es ist nicht schwer zu erraten, dass der Künstlername von Jack Londons Roman The Sea-Wolf übernommen wurde. Darüber hinaus hat der gebürtige Kalifornier glücklicherweise nichts mit der grimmigen und gewalttätigen Romanfigur Wolf Larsen gemein. Die Natur und vor allem das Meer spielen aber auch beim freundlichen Sea Wolf eine gewichtige Rolle.

1998 gründete Alex Brown Church die Indierockband Irving. Als einer von drei Songschreibern hatte er jedoch bald sehr viel Material beisammen, was nicht in den Bandkontext passte. Unter dem Namen Sea Wolf begann er, diese Stücke mit wechselnden Musikern live zu spielen und nahm ein paar Demobänder auf. 2007 unterschrieb er dann bei Dangerbird Records und veröffentlichte alsbald eine EP und sein Debütalbum Leaves In The River. Der sparsam instrumentierte Erstling klingt im Vergleich zu seinem Nachfolger noch recht intim und gemütlich. Nichtsdestotrotz wurden einige der Songs bei verschiedenen TV-Serien und sogar bei einem Werbespot eingesetzt.

Die Songs für sein zweites Album entstanden während Church seine Freundin in Montreal besuchte. Der lange, dunkle Winter Kanadas hat deutliche Spuren auf White Water, White Bloom hinterlassen. In dem Stück The Traitor besingt Church beispielsweise die „Winter Lady“, einen anderen Song hat er Winter’s Heir genannt. Auch darüber hinaus sind Sea Wolf’s Texte durchsetzt mit Bildern und Analogien der Natur.


Musikalisch setzt Sea Wolf auf White Water, White Bloom auf die große Geste. Es sollte diesmal nach einer richtigen Band klingen und nicht nach einer Reihe intimer Geständnisse, so beschrieb es Alex Brown Church selbst. Folgerichtig kommen nicht nur Gitarre, Bass und Schlagzeug zum Einsatz, sondern auch Klavier, Akkordeon, Streicher und zahlreiche andere Instrumente. Die Songs sind üppig arrangiert und strotzen vor sehnsüchtigen Melodien. Der Gesang von Sea Wolf und die gesamte Atmosphäre des Albums erinnern an den schwedischen Musiker Kristofer Åström, allerdings ohne dessen fast schon depressive Schwermut.

Mit „White Water, White Bloom“ hat Alex Brown Church alias Sea Wolf ein sehr schönes, eingängiges Album vorgelegt. Die Songs laden zum Aus-dem-Fenster-schauen und Tagträumen ein. Allerdings laufen sie mitunter leider Gefahr, etwas zu weit ins seichte Popfahrwasser abzudriften. Andererseits ist so ein bisschen Seelenstreicheln bei Dunkelheit und rauer Witterung ja auch nicht das Schlechteste. Mit Kakao, Kuscheldecke und Sea Wolf ist man bestens für den nächsten verregneten Sonntagnachmittag gerüstet.

Redaktion