Album der Woche: Sharon Jones & The Dap-Kings – Soul Of A Woman

Ein würdiges Vermächtnis

Mit Sharon Jones hat die Musikwelt 2016 eine der besten Vintage-Soul-Stimmen verloren. Ein Jahr nach ihrem Tod erscheint jetzt mit „Soul Of A Woman“ das letzte Album von Sharon Jones & The Dap-Kings und es ist ein mehr als würdiges Vermächtnis.

In vorzugsweise silbernen oder goldenen Paillettenkleidern ist sie über die Bühne gefegt und hat mit ihrer unbändigen Energie wirklich jeden einzelnen Zuschauer angesteckt. Live war Sharon Jones eine mitreißende Naturgewalt. Trotz Krebsdiagnose und Chemotherapie tourte und spielte sie ohne Unterlass. Außerdem stand sie für die Dokumentation Miss Sharon Jones! vor der Kamera. Und irgendwie hat sie noch die Zeit gefunden, Songs für ihr letztes Studioalbum Soul Of A Woman aufzunehmen.

Gefängiswärterin und Hochzeitssängerin

Ein kurzer Rückblick: Sharon Jones wird 1956 in Georgia geboren und wächst in Brooklyn auf. Schon als Kind singt sie im Gospelchor, später tritt sie in Talentshows auf und singt bei Studiosessions und auf Hochzeiten. Geld verdient sie als Gefängniswärterin oder als Wachfrau für Geldtransporte. 1996 wendet sich das Blatt, als sie von den beiden Produzenten und Plattenlabel-Inhabern Gabriel Roth und Philip Lehmann zu Aufnahmen eingeladen wird. Jones soll mit zwei weiteren Sängerinnen Backing Vocals einsingen. Die anderen beiden tauchen nicht auf, also singt sie kurzerhand alle Parts selbst. Schwer beeindruckt entscheiden sich Lehmann und Roth gleich noch einen Solosong mit Jones aufzunehmen – und das sollte nicht der letzte sein.

Auf Soul Of A Woman hört man nichts von ihrer Krankheit, Jones‘ Stimme ist kraftvoll, dynamisch und emotional. Begleitet von den kongenialen Dap-Kings singt sie von Gerechtigkeit, der Liebe, Herzschmerz und Vergebung. Aufgenommen haben Sharon Jones & The Dap-Kings die Stücke live mit Achtspurgerät. Das bedeutet: keine 50 Takes und späteres Zusammenstückeln – hier sitzen die Arrangements perfekt.

Up-Tempo-Nummern und sanfte Streicher

Ursprünglich war das Album als Balladensammlung geplant. Aber als klar war, dass Jones nicht mehr viel Zeit hatte, entschieden sie und die Band sich für Blues- und Up-Tempo-Nummern. Eben das, was der Sängerin auch live am meisten Spaß gemacht hat. Ein wenig ruhiger wird es dann doch auf der zweiten Hälfte des Albums. Sanfte Streicher schweben durch die Songs und die Background-Sängerinnen seufzen und schmachten.

Das letzte Stück Call On God hat Sharon Jones in 70ern für ihren damaligen Gospelchor geschrieben. Die Aufnahme ist schon etwas älter, sie hatte sie für ein lange geplantes Gospelalbum aufgehoben. Daraus ist nun leider nichts mehr geworden. Stattdessen dient der Song als tröstender Abschiedsgruß auf Soul Of A Woman – einem mehr als würdigen Vermächtnis dieser wunderbaren Sängerin.

Redaktion