Album der Woche | Sinkane – Dépaysé

Feiere die Vielfalt!

Wie lebt es sich als sudanesischer Immigrant in den USA im Jahr 2019? Ahmed Gallab alias Sinkane hat sich auf seinem siebten Album „Depaysé“ auf Identitätssuche begeben. Die hat er in psychedelisch-poppige Songs verpackt, die sehr viel Energie versprühen und Multikulturalismus feiern.

Das Album der Woche wird präsentiert von Dockin. Promo-Code: detektor.fmDockin10


„Everybody means everbody“ – diese Zeile erklingt am Anfang des ersten Songs Everybody des neuen Sinkane-Albums Dépaysé. Hier wird nachdrücklich klargestellt: alle sind gemeint. Ahmed Gallab hat eine Botschaft und die lautet: lasst uns die Unterschiede feiern und voneinander lernen, anstatt dem Hass die Oberhand zu überlassen. Und das tut er laut und ungeschliffen in einer stürmischem Afrofunk-Nummer.

Gefühl des Andersseins

Der in London geborene und in den USA aufgewachsene Gallab hat sich auf seinem neuen Album ausführlich der eigenen Identität gewidmet. Schon oft hat er den Sudan besucht, die Heimat seiner Eltern. So auch in den letzten Jahren. Das ständige Gefühl des Andersseins hat ihn schon lange umgetrieben, nirgends hat er wirklich dazugehört. In dem Song Ya Sudan setzt er sich damit auseinander.

Ich habe den Song so geschrieben, als wäre Sudan eine Person. Im Arabischen benutzt man „Ya“, um jemanden anzusprechen. Ich habe mich gefragt: was genau bedeutet es für jemanden wie mich, sudanesische Wurzeln zu haben. Als Kind bin ich oft dorthin gereist und die Leute haben gesagt, du bist nicht so wie wir, du lebst ja in den USA. Und dort wiederum hieß es: du bist kein richtiger Amerikaner. In dem Song geht es um dieses komplizierte Verhältnis. Ich kann das als Teil meiner Identität akzeptieren und es ist ein wichtiger Teil von mir, aber eben nicht alles.

Das Thema Identität zieht sich durch das gesamte Album, der Titel Dépaysé bedeutet soviel wie „sich aus der gewohnten Umgebung herausgerissen fühlen“. Im Song Everyone fragt sich Gallab, wie man zu mehr gegenseitigem Verständnis kommen kann. Die Songs sind sehr persönlich, er hat sie alleine geschrieben und sich unter anderem mit Büchern des pakistanischen Autors Mohsin Hamid und der afro-amerikanischen Auorin Philippe Wamba beschäftigt. Aber am Ende ging es um seine eigenen Erfahrungen.

Früher habe ich beim Songschreiben mit einer persönlichen Erfahrungen begonnen und bin dann abstraker geworden. Ich habe z. B. über das Gefühl gesprochen, das ich hatte. Und ich fand, dass man damit eine Verbindung zu anderen Menschen herstellen konnte. Aber wenn ich Musik höre, mag ich die Songs am liebsten, in denen der Künstler oder die Künstlerin sehr persönlich wird, damit kann ich mich identifizieren. Und so habe ich es auf diesem Album auch gemacht.

Die Realität hinter sich lassen

Musikalisch beeinflusst sind die Songs von George Clinton, Fela Kuti und der äthiopischen Jazzlegende Mulatu Astatke. Im Titelsong verschmelzen gar ausgedehnte Grateful Dead-Gitarrenjams und sudanesische Melodien.

Bei Bands wie The Grateful Dead und psychedelischer Musik im allgemeinen geht es darum, dass sie dich an einen anderen Ort transportiert. Man lässt die Realität hinter sich und die Musik spült einen fort. Bei sudanesischer Musik ist es ganz ähnlich, sie klingt sehr dreamy und man kann dazu gut entspannen. Dieses Gefühl haben sie also gemeinsam und so konnte ich das gut in einem Song verbinden.

Die Songs auf dem Album beschreiben die individuelle Geschichte eines Einwanderers zweiter Generation. Aber sie haben trotzdem eine universelle Message: Wir sind uns alle ähnlicher, als es so mancher versucht, einem weis zu machen. Falls man das mal wieder vergessen sollte, einfach Dépaysé von Sinkane anhören.

Redaktion