Album der Woche: SOHN – Rennen

Alles aufsaugen, was geht

Seit dem Erfolg seines Debüt „Tremors“ ist Christopher Taylor alias SOHN mehrfach um die Welt getourt. Diese rastlose Zeit verarbeitet der High-Tech-Soulcrooner auf seinem zweiten Album, das er passenderweise „Rennen“ genannt hat.

„Warum würde man sich dagegen entscheiden, etwas neues zu sehen, und stattdessen lieber nichts tun und weiter auf sein Telefon schauen?“ das fragt sich Christopher Taylor alias SOHN. Er hat in den letzten paar Jahren alles mitgenommen, was ging. Er ist kreuz und quer durch die Welt getourt und hat Sounds, Gerüche und Bilder in sich aufgesaugt wie ein Schwamm. Von Motorradkolonnen in Taiwan zu betrunkenen Fahrradausflügen in Belgien, alles hat in der einen oder anderen Weise den Weg auf sein neues Album Rennen gefunden.

Von Wien nach Los Angeles

Irgendwann auf seinen vielen Reisen hat SOHN seine zukünftige Frau kennengelernt und ist von Wien zu ihr nach Los Angeles gezogen. Das hat sich als praktisch erwiesen, denn so konnte er sich zum Songschreiben auf die ruhige und abgelegene Ranch eines Freundes in Nordkalifornien zurückziehen. Dort hat er sich vor allem auf die Texte konzentriert und alles, was unwichtig war, rausgeschmissen. Im Mittelpunkt der Songs auf Rennen steht sein Gesang, oft nur von Klavier oder Synthies unterlegt, und auch Autotune kommt nur sparsam zum Einsatz.

Trotz des Albumtitels die Songs auf Rennen vermitteln keine gehetzte Stimmung, im Gegenteil: Das Album wirkt eher wie ein tiefes Durchatmen. Die Melodien sind gefällig, aber nie platt, clevere Rhythmen treiben die Stücke voran.

Mit SOHN mehr in die Welt schauen

In seinen Texten arbeitet SOHN die Erfahrungen der letzten Jahre auf. In dem Song Conrad bezieht er sich auch auf das aktuell schwierige politische Klima in Europa und anderswo. Dazu trommelt er mit einem Kugelschreiber auf leeren Flaschen und Küchengeräten herum.

Weniger auf’s Telefon und mehr in die Welt schauen, das ist sicher kein schlechter Vorsatz für 2017. Und SOHN liefert mit den melancholischen, aber gleichzeitig eingängigen und tanzbaren Stücke auf Rennen den passenden Soundtrack dazu.

Redaktion