Album der Woche: Solange – True

Die Achtziger sind ja nicht erst seit gestern wieder angesagt. Lionel Richie spielt wieder in großen Hallen. Stevie Wonder wird nicht mehr ausgelacht, sondern bejubelt und Giorgio Moroder wurde noch nie so oft gesampelt wie heute. Genau der richtige Zeitpunkt für Solange und ihre neue Platte „True“ – unser Album der Woche.

Wenn Familienmitglieder erfolgreicher Musiker Platten aufnehmen, ist das immer so eine Sache: Meist stehen sie im Schatten des Erfolgs ihrer Lieben. Erinnern wir uns an die Söhne der Beatles, den Bruder von Paul Kalbrenner oder die Schwester von Kylie Minogue. Ähnlich verhält es sich zwischen Beyoncé Knowles und ihrer kleinen Schwester Solange. Bis jetzt!

Solange Knowles hat sich mit Produzent Dev Hynes zusammengetan und bringt nun die EP True raus. Ihr erstes Album Solo Star, wohlgemerkt von 2003, erinnert noch stark an den damaligen Bubblegum-Pop von Christina Aguilera. Mit 120.000 verkauften CDs lief das Album aber auch eher mäßig. Etwas besser wurde es mit dem Nachfolge-Album. Darauf deutet sich auch schon der Sound der neuen Platte an: Motown-Einflüsse wo man hinhört. Solange huldigt Diana Ross, zitiert die Supremes und tanzt wie die Temptations.

Während Schwester Beyoncé in den Mainstream-Gewässern fischt, zielt Solange eher auf das Indie-Publikum. True kommt auf dem Label des Grizzly Bear-Bassisten Chris Taylor raus. Nicht genug, auch Produzent Dev Hynes dürfte dem Indie-Spezi ein Begriff sein. Seines Zeichens war er Sänger bei den Test Icicles und Kopf hinter den Projekten Lightspeed Champion und Blood Orange. Das schlägt sich schließlich auch im Sound von True nieder. Es gibt weniger Plastikbeats. Stattdessen setzt Solange auf eine klassische Backing-Band.

Auch wenn diese EP den Namen Solange trägt, eigentlich müsste es Solange und Dev Hynes heißen. Denn der Einfluss von Hynes ist viel zu groß und viel zu hörbar, um ihn einzig auf der Credit-Liste zu erwähnen. Vielmehr hört man die beiden Persönlichkeiten Knowles/Hynes, wie sie nebeneinander funktionieren. Auf der einen Seite eine glamouröse Stimme, die förmlich unter der Discokugel funkelt. Auf der anderen Seite ausgebuffte Arrangements mit vielen Zitaten und Querverweisen.

Das mit Abstand stärkste Stück auf True ist gleich der erste Song – Losing You. Er bereitet den Hörer vor auf die Welt der frühen Achtziger. Eine musikalische Reise hin zu Schulterpolstern, Twang-Bass, billigen Synthesizer-Sounds und Beats, die auch in Kofferradios schnittig klingen – ein Sound, der die ganze Platte bestimmt. Wenn jetzt noch die ewigen Vergleiche mit der großen Schwester aufhören, ist Solange ein Platz in den Bestenlisten von 2013 sicher, mindestens.