Album der Woche | The National – I Am Easy To Find

Von der Endlichkeit des Lebens

Wolkengraue Mollmelodien und schwermütige Texte, vorgetragen im klagenden Bariton Matt Berningers. Mit diesen Zutaten haben sich The National von Hinterhofclubs in die Arenen dieser Welt gespielt. Auf ihrem neuen Album „I Am Easy To Find“ übernehmen Frauen das Ruder bzw. das Mikrofon.

Das Album der Woche wird präsentiert von Dockin. Promo-Code: detektor.fmDockin10


Keine Bange, Matt Berninger und sein charakteristischer Gesang stehen natürlich auch auf dem achten Album seiner Band The National im Zentrum der Songs. Aber der Sänger gibt das Mikro auch mal aus der Hand und reicht es an eine ganze Reihe von Gastsängerinnen weiter. Darunter sind zum Beispiel Sharon Van Etten, Kate Stables von This Is The Kit und die langjährige David-Bowie-Mitmusikerin Gail Ann Dorsey. Berninger hat seine Texte ja schon seit einer Weile auch zusammen mit seiner Frau Carin Besser geschrieben. Nun haben die weiblichen Gegenüber von Berningers hin und her gerissenen männlichen Charakteren auch eigene Stimmen.

Musik und Film

Entstanden ist I Am Easy To Find in enger Kollaboration mit dem Filmregisseur Mike Mills, nicht zu verwechseln mit dem ehemaligen REM-Bassisten gleichen Namens. Eigentlich wollte die Band nach dem Ende ihrer Tour zu Sleep Well Beast erstmal pausieren, die Mitglieder sich anderen Projekten widmen. Aber nach einer Email von Mills, er würde gerne mit ihnen zusammenarbeiten, verwarfen sie diesen Plan und machten sich umgehend ans Songschreiben. Mills und The National haben die Platte in gleichen Teilen produziert und Ersterer hat außerdem einen Kurzfilm gedreht, der auch I Am Easy To Find heißt. Darin wird in 26 Minuten das gesamte Leben der Protagonistin gezeigt, die von Alicia Vikander gespielt wird. Dazu erklingen natürlich Songs von The National. Vikander bleibt in allen Lebensphasen körperlich unverändert, ihre beeindruckende Darstellung berührt trotzdem. Das Leben und seine Endlichkeit ist auch das wichtigste Thema des Albums.

Große Gefühle gibt’s natürlich auch in den Songs: Schmerz, Zweifel, Liebe. Und selbstironische Betrachtungen. Wie in Not In Kansas, wo Berninger feststellt, dass er doch nicht der Typ ist, der einem Nazi eins mitgibt, obwohl er es gerne wäre. Die Texte sind eingebettet in elegante, detailreiche Arrangements aus Gitarren, Bläsern, Streichern, elektronischem Geplucker und auch mal einem Chor. Die Gastsängerinnen öffnen dabei die Songs angenehm und geben ihnen eine neue Perspektive, es ist nicht mehr nur dieses Jungsding, vorgeführt von nunmehr mittelalten Männern.

Detailreiche Arrangements

Soweit, so gut. Allerdings ist das Album mit 16 Songs und 68 Minuten ein bisschen zu lang geraten. Die kleinen und größeren Highlights drohen in der schieren Materialfülle von I Am Easy To Find unterzugehen. Da hilft wohl nur nochmal anhören.

Redaktion