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Machen seit 25 Jahren zeitlos schöne Songs: Tindersticks. Foto: Richard Dumas
Machen seit 25 Jahren zeitlos schöne Songs: Tindersticks. Foto: Richard Dumas

Album der Woche: Tindersticks – The Waiting Room

Am Wendepunkt

Seit 25 Jahren zelebriert die englische Alternative-Popband Tindersticks ihren dunklen, vielschichtigen Sound. Ihre gemächlichen, schweren Songs laden ein, sich ganz darin zu verlieren. Auf ihrem neuen Album „The Waiting Room“ geht es um Wendepunkte.

Getragene Melancholie war von Anfang an ein Tindersticks-Markenzeichen. Oftmals klingen ihre Songs so, als wären sie der Soundtrack zu einem Film Noir. Filme spielen beim neuen Album The Waiting Room auch eine große Rolle. Der erste Song Follow Me ist das Cover einer Filmmusik. Außerdem hat die Band verschiedene Regisseure beauftragt, für jeden Song einen begleitenden Kurzfilm zu drehen. Die Idee ist Tindersticks-Sänger Stuart A. Staples gekommen, als er Mitglied der Jury eines französischen Kurzfilmfestivals war.

Vor ein paar Jahren saß ich in der Jury des Kurzfilmfestivals von Clermont-Ferrand. Verschiedene Kurzfilme werden dort zu einem Programm zusammengestellt und das dauert etwa 45 bis 50 Minuten. In einer Woche habe ich sicher sieben oder acht solcher Programme gesehen. Ich habe mich mit dem Direktor des Festivals Calmin Borel unterhalten und wir sind auf die Idee gekommen, Filme zu unserem Album zu machen. Der Gedanke war, Filmemacher unterschiedlicher Disziplinen zu beauftragen. Calmin hat mich dann mit verschiedenen Regisseuren in Kontakt gebracht, ich habe ihnen Stücke geschickt und so hat sich das Projekt langsam entwickelt.

Zum ersten Mal kein Erwartungsdruck

Die Filme bieten eine zusätzliche Ebene, aber die Songs stehen für sich selbst. Ihre erdige Wärme und Staples‘ unverkennbarer Bariton schaffen eine herbstlich-melancholische Atmosphäre, man möchte sofort den Kamin anzünden und einen guten Rotwein öffnen.

Hier und da streift die Band auch Diso und Funk, lässt den Bass grooven und knackige Bläser aufblitzen. Das gab es früher nicht im Soundkosmos der Tindersticks. Staples hatte zum ersten Mal das Gefühl, keine Erwartungen erfüllen zu müssen.

Die kreative Chemie bei uns hat einfach gestimmt und wir haben das auch nie hinterfragt. Wir sind ins Studio gegangen, haben einen Song geschrieben, ohne groß darüber nachzudenken. Als wir die Band aufgelöst haben, war diese Energie aufgebraucht. Wir mussten einen anderen Weg finden, zusammenzuarbeiten. Natürlich sind wir nicht mehr 25, aber etwas anderes ist zwischen uns passiert und das ist genau so wichtig und wertvoll. Unsere neue Musik wird nicht von dem, was wir früher gemacht haben, überschattet. Es war sehr wichtig für uns, das zu verstehen.

Der Song Hey Lucinda ist ein Duett mit der 2010 verstorbenen Sängerin Lhasa de Sela. Sie hatte schon auf dem 2003er Album Waiting For The Moon bei einem Stück mitgewirkt. Für Stuart Staples war die Arbeit an dem Song nicht gerade einfach.

Bevor sie krank geworden ist, haben wir „Hey Lucinda“ aufgenommen. Sie war gut drauf und man kann sie auf dem Stück auch lachen hören. Für mich war das ein schwieriger Song, erst recht nachdem sie krank geworden war und dann gestorben ist. Ich hab ihn vier Jahre lang nicht angerührt. Erst vor kurzem habe ich ihn wieder rausgeholt und er hat sich einfach nicht mehr richtig angefühlt. Ich hab also die ganze Musik rausgeschmissen und mit der Band von vorne angefangen. Ich musste wirklich all meine Kentnisse und Fähigkeiten einsetzen, um dem Stück gerecht zu werden.

Fortbewegen oder Stillstehen

Die Texte von Stuart A. Staples handeln von Liebe, Tod und Wendepunkten.

Auf dem Album geht es viel um Wendepunkte, und darum sich fortzubewegen oder stillzustehen. Wendepunkte, die zurückliegen und an die man sich nicht so gerne erinnert. Oder solche, die noch vor einem liegen. Und das Wartezimmer steht im Zentrum dieses Gefühls von Veränderung.

Auch nach 25 Jahren scheren sich Tindersticks nicht um den Zeitgeist und machen auf The Waiting Room weiter ihr eigenes Ding. Das Ergebnis sind raffinierte, zeitlose Songs, die genau den richtigen Punkt treffen zwischen Schwermut und Optimismus.

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