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TV On The Radio. Foto: Universal Music.
TV On The Radio. Foto: Universal Music.

Album der Woche: TV On The Radio – Seeds

Viele Köche verderben den Brei – nicht

Seit 2001 macht die New Yorker Band TV On The Radio Musik, die sich nur schwer einordnen lässt. Zu ihren Einflüssen zählen Postpunk, Jazz, Funk und Gospel. Ihr neuestes Werk heißt „Seeds“ und darauf geben sich TV On The Radio ungewohnt poppig.

TV On The Radio sind das musikgewordene Brooklyn. Wie kaum eine andere Band vermitteln sie in ihren Songs das Gefühl der Dringlichkeit, Enge und Lebendigkeit, das diesen Stadtbezirk im Südosten New Yorks ausmacht. Auch wenn es schon fast 15 Jahre her ist, dass sich TV On The Radio in Brooklyn kennengelernt haben, und die Hälfte der Band mittlerweile in Los Angeles lebt.

Außenseiter aus mittelgroßen Städten

Ihr hypereklektischer Mix aus nahezu allen denkbaren Genres unterschied sich von anderen Bands, die Anfang der Nullerjahre aus der unübersichtlichen Musikszene New Yorks an die Oberfläche gespült wurden. Auch wenn es das Brooklyn der Neunziger nicht mehr gibt, es spielt für die Mitglieder von TV On The Radio immer noch eine wichtige Rolle, sagt Schlagzeuger Jaleel Bunton.

Als wir nach Brooklyn gezogen sind, waren wir alle Außenseiter aus irgendeiner mittelgroßen amerikanischen Stadt. In New York haben wir gefunden, was wir suchten: Gemeinschaft. Dabei ging es weniger um den Ort an sich, mehr um die Leute. Aber New York war damals die Stadt, wo Leute wie wir hingegangen sind. Deshalb hört man Brooklyn immer noch in unserer Musik, weil wir uns dort getroffen haben.

https://www.youtube.com/watch?v=bvCgff7oNKM

Obwohl ihnen der ganz große kommerzielle Durchbruch nicht gelungen ist, ging es für die Band immer bergauf. Ihre Platten erscheinen schon seit einiger Zeit bei einem Majorlabel, ohne dass sie kreative Kompromisse eingehen mussten. Dass wiederum freut die stetig wachsende Fangemeinde. Für TV On The Radio lief es alles in allem also sehr gut. Vor drei Jahren dann starb Bassist Gerard Smith unerwartet an Lungenkrebs. Danach war nicht klar, wie und ob es für Band überhaupt weitergehen würde.

Wir haben uns eine Auszeit genommen und da hatte ich zum ersten Mal seit langem Gelegenheit, über mein Leben nachzudenken und wie es wirklich ist. Ich kam zu dem Schluss, dass es großartig ist und dass ich wieder auf Tour gehen will. Und den anderen ging es ähnlich, also haben wir eine neue Platte gemacht.

„Wir sind alle meinungsstark“

Die Aufnahmen für Seeds fanden in Los Angeles statt. Dort hat Gitarrist und Produzent Dave Sitek ein eigenes Studio. Jeder der vier hat einen eigenen Arbeitsrhythmus und so werkeln sie fast nie alle gleichzeitig an einem Stück. Und das ist auch gut so, denn mit drei anderen meinungsstarken Menschen zusammenzuarbeiten, ist wirklich anstrengend, sagt Jaleel Bunton.

Es ist kompliziert. Nicht umsonst sagt man, dass zu viele Köche den Brei verderben. Mal will ich mich durchsetzen, dann muss ich Kompromisse machen. Immer dieses Hin und Her. Manchmal muss ich die anderen auch Fehler machen lassen, damit sie am Ende einsehen, dass ich recht hatte. Aber wir haben die Machtbereiche aufgeteilt, jeder darf mal Diktator sein und das funktioniert erstaunlich gut.

Was bleibt ist Veränderung

Das Ergebnis ist Seeds, das bislang poppigste TV On The Radio Album. Songs wie die vorab veröffentlichte Single Happy Idiot mit ihrem New Wave-Diskobeat sind etwas Neues im Soundkosmos der Band. Das heißt nicht, dass es nicht auch ordentlich lärmt und rumpelt, vor allem im zweiten Teil des Albums werden die Gitarren mehr als einmal durch den Verzerrer gejagt. Seeds ist anders – aber unverkennbar TV on the Radio. Veränderung ist die einzige Konstante in ihrem Sound meint Jaleel Bunton.

Die Zutaten der TVOTR Suppe ändern sich ständig, da wir immer das machen, worauf wir gerade Lust haben. Dave zum Beispiel hat diesen typischen verwaschenen Gitarrensound, für den er sehr bekannt ist. Als wir im Studio waren hat er irgendwann gesagt: Mir hängt dieser Sound zum Hals raus, ich will das nicht mehr machen. Und deshalb hört man ihn auf dem Album nicht mehr. Trotzdem klingt es noch wie TVOTR. Wir folgen unseren Instinkten und ästhetischen Vorlieben. Das macht TVOTR letztlich aus.

Intensiv und ruhelos

Auch auf ihrem fünften Studioalbum sind TV On The Radio immer noch die progressiven Soundtüftler, und wie immer passen sie in keine Schublade. Es gibt verschwommene Synthies, hymnische Bläser, vertrackte Rhythmen und Punkrockstücke, die vor rastloser Energie zu explodieren scheinen. Nein, dieser Band sind die Ideen nicht ausgegangen, eher im Gegenteil. Die Vielzahl an Informationen kann für den ein oder anderen durchaus ein bisschen erdrückend sein. Aber Intensität und Ruhelosigkeit sind von jeher ein Markenzeichen der Musik von TV On The Radio. Und typisch Brooklyn eben.

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