Album der Woche: Wolf Gang – Suego Faults

Max McElligott widersteht dem aktuellen Trend zum musikalischen Minimalismus – „weniger ist mehr“ gilt nicht für den Mann, der sich Wolf Gang nennt, wenn er Musik macht. Zurückhaltung ist nicht seine Sache und deshalb ist sein Debüt „Suego Faults“ mehr als selbstbewusst – mit einer leichten Tendenz zum Größenwahn.

Max McElligott ist eins dieser musikalischen Wunderkinder, die schon mit drei Jahren angefangen haben, Klavier zu spielen. Mittlerweile ist er 24, spielt auch noch Schlagzeug, Gitarre und diverse andere Instrumente und schreibt Songs, um die ihn andere Nachwuchstalente nur beneiden können. Man möchte fast glauben, er hätte schon perfekte kleine Pop-Sinfonien arrangiert, als andere Kinder noch mit Bauklötzen gespielt haben. Dabei war die Musikerkarriere nicht seine erste Berufswahl – McElligott hat immerhin eine zeitlang an der London School of Economics studiert, bevor er sich komplett dem Projekt Wolf Gang verschrieb.

Suego Faults entstand in der Abgeschiedenheit der amerikanischen Provinzstadt Cassadaga, in den Tarbox Road Studios, irgendwo am äußersten Zipfel des Bundesstaats New York. Zusammen mit Produzent Dave Fridmann hat sich McElligott dort mehrere Wochen abgeschottet und umgeben von Eichhörnchen, Hirschen und Wildgänsen an seinen Songs getüftelt. Das Studio sei ein Mekka für Musiker, meint McElligott – ihm stand ein riesiges Arsenal an Instrumenten und obskurem elektronischen Klangspielzeug zur Verfügung. Tatsächlich vermittelt das Album stellenweise den Eindruck, man habe einen kleinen Jungen auf eine Spielzeugkiste mit unerschöpflicher Auswahl losgelassen – und ihn damit ein bisschen überfordert. Weil er sich nicht entscheiden konnte, hat er kurzerhand alles verwendet, was ihm in die Hände fiel. Je abstruser die Geräuschquelle, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie auf dem Album zu hören ist.

Man kann sich McElligott und Fridmann bestens vorstellen, wie sie einmal querbeet jedes Gerät in ihrem kleinen Sound-Paradies ausprobieren: „Hey Dave, was ist das für ein Ding?“ – „Ein Ätherophon. Es macht Geräusche, ohne dass du es anfassen musst.“ – „Wow! Lass es uns für den nächsten Track verwenden…“ Diese Herangehensweise passt gut zu McElligotts grenzenloser Spielfreude und führt zu tausend kleinen Ideen, die den Songs eine orchestrale Opulenz verleihen, bei der man nicht vermuten würde, dass man hier die Tüftelei einer Ein-Mann-Band hört. Andererseits riskiert McElligott damit auch, die Songs hoffnungslos zu überfrachten und schlimmstenfalls eine gewisse Beliebigkeit zu erzeugen. Nur weil man 48 Spuren hat, mit denen man arbeiten kann, muss man ja nicht auch zwanghaft alle benutzen.

Wolf Gang balanciert auf einem schmalen Grat zwischen Klasse und Kitsch. Lions In Cages oder das grandiose The King And All Of His Men sind dafür Paradebeispiele. Seine Musik transportiert große Gefühle mit großer Geste – je tiefer die Emotionen, desto bombastischer das Klangspektakel.


Der Albumtitel Suego Faults steht für einen fiktiven Ort, ein Fragment, das McElligott aus einem Traum in Erinnerung blieb. Auf dem Album ist Suego Faults dann auch immer die Metapher für das Unerreichbare – die ganz große Liebe, eine Vision des vollkommenen Glücks, die perfekte Zuflucht. „Dream of love songs – it’s all you ever do“, singt Wolf Gang in Planets und fasst damit die grundlegende thematische Ausrichtung des Albums zusammen. Suego Faults sei im Prinzip eine fortlaufende Liebesgeschichte, sagt McElligott und in der Tat enthält die Platte überdurchschnittlich viele „Lovesongs“, romantische Balladen im klassischen Sinne. Allerdings wandelt sich die Stimmung von der unbändigen Glückseligkeit einer ersten Verliebtheit in Songs wie Something Unusual hin zur leisen Melancholie als Vorbote einer Trennung in Stay And Defend oder Where Are You Now.

Suego Faults ist eine perfekte kleine Sammlung von Liebes- und Lieblingsliedern, sentimental im bestem Sinne, selbst wenn deren ultimative Erkenntnis ist, dass auch die ganz großen Gefühle nicht immer für die Ewigkeit gemacht sind. Wolf Gang verwandelt jedenfalls auch die schmerzlichste Erfahrung in Musik, die ans Herz geht – und sich dort hartnäckig festsetzt.

Redaktion