Album der Woche: Yo La Tengo – There’s A Riot Going On

Zuflucht vor dem Wahnsinn

Schon seit 34 Jahren macht die Band Yo La Tengo Musik. Mit ihrem Mix aus Noiserock, Shoegaze und Experimental-Pop haben sie sich eine treue Fangemeinde erspielt. Mit dem Titel ihres 15. Studioalbums „There’s a Riot Going on“ scheinen sie zum Straßenkampf aufzurufen – das Gegenteil ist der Fall.

Als die Worte There’s a riot goin‘ on zum ersten Mal ein Plattencover zierten war es 1971. Damals hatte die Band Sly and The Family Stone diesen Titel gewählt, in einer Zeit von Desillusion, Krieg und gesellschaftlicher Spaltung. Vergleichbare Zustände findet man heute wieder – nicht nur, aber vor allem in den USA, der Heimat von Yo La Tengo. Aber statt zum Straßenkampf aufzurufen, was man der Band zunächst unterstellen könnte, ist der Titel eher eine ernüchterte Feststellung. Georgia Hubley, Ira Kaplan und James McNew stellen sich dem Wahnsinn nicht kampfeslustig entgegen, sie drehen ihm scheinbar den Rücken zu.

Mal einen Gang runterschalten

Aufgenommen haben Yo La Tengo die neuen Songs in ihrem Studio in New Jersey. Sie waren sich erst gar nicht sicher, ob es ein Album werden sollte, sie haben einfach gejammt und herumexperimentiert. Zwischen zwei Takes konnte da schon mal ein ganzes Jahr liegen, das hört man dem Endergebnis aber keineswegs an. Die Songs auf There’s a Riot Going on sind über weite Strecken instrumental, fließen unaufgeregt vor sich hin und laden ein, mal einen Gang runterzuschalten.

Die Band bewegt sich ein bisschen weg von ihrem Gitarre-Bass-Schlagzeug-Setup und reichert die Songs mit Loops und Effekten an. Es gibt verträumt-sphärisches Rauschen, sanfte Lounge-Klänge, abstrakte Drone-Sounds oder einen nostalgischen Shoo-Wop-Background-Chor. Dazu erklingt der Gesang von Ira Kaplan und Georgia Hubley noch verhuschter als sonst. Ganz so, als wollten sie sich zwischen ihren Instrumenten verstecken.

Rauschen und Shoo-Wop-Chor

Bei der mitunter geradezu einlullenden Musik sind die Texte doch gar nicht so behaglich. Wie in dem Song Forever, der im Zeitlupentempo voranschreitet und in dem es heißt: „Laugh away the bad times/lie about what’s to come“.

There’s a Riot Going on funktioniert trotz seines Titels als Gegenmittel zur Daueralarmbereitschaft und ängstlichen Aufregung. Yo La Tengo bieten einen Ort voller Wärme und Menschlichkeit, eine Zuflucht vor all dem Wahnsinn da draußen.

Redaktion