Bis auf die Knochen – die Band Fenster und ihr Album “Bones”

Wenn man aus dem Fenster schaut, sieht man vor allem das, was draußen ist, nicht das Fenster selbst. Es ist also gar nicht so wichtig. Oder vielleicht gerade doch, weil das Fenster ja auch das Tor zu einer anderen Welt sein kann. Diesen großen Interpretationsraum hat sich eine Berlin-New-Yorker Band zu Nutze gemacht und ihr Projekt schlichtweg „Fenster“ genannt.

Autor: Kay Engelhardt

Eine Kooperation mit Kreuzer Online, dem Monatsmagazin für Kultur und Pop, Lifestyle und Stadtgeschehen.


Die Geschichte, wie die Band zu ihrer Bezeichnung gelangte, ist ebenso schnell erzählt wie nachdrücklich. Unter obskuren Umständen ging während der Aufnahmen ein Fenster über dem Kopf JJ Weihls zu Bruch, was ihr eine ordentliche Beule bescherte.

Der Name gibt einem viel Raum für Interpretation, kommt aber auch daher, dass mir mal ein Fenster auf den Kopf gefallen ist. Unser Studio hat ist zwar im Keller, hat nach oben aber zwei Fenster. Wir haben da geraucht und waren etwas unachtsam. Ich hab mich umgedreht und das Fenster mit Schwung zumachen wollen – da ging es zu Bruch.

Die nach Berlin übergesiedelte New Yorkerin JJ Weihl ist die eine Hälfte des Duos. Die andere stammt aus der deutschen Hauptstadt und heißt Jonathan Jarzyna.

Wir haben nur ein paar Konzerte selbst organisiert und dann schrieben uns immer mehr Leute Mails und wollten uns buchen. Zwei Monate lang hatten wir eine Menge Konzerte in ganz Berlin. Wir haben in Galerien gespielt, unter Bahnbrücken, auf verrückten Kunstaustellungen, wo wir auf dem Boden liegen mussten. Wir haben einfach alles zugesagt. Wir wollten spielen, spielen, spielen!

Von Berlin aus starten Fenster auch ihre Unternehmungen in Sachen verträumter, bittersüßer Experimental-Pop. Und auch wenn die großzügig gezuckerten Melodien an mancher Stelle von Bones ordentlich durch die LoFi-Mangel gedreht werden, ist das Duo doch mindestens genauso harmonievernarrt wie zerstörungswütig. Darüber können letztlich auch der gelegentliche Ausflug in dunkle Gassen und das beherzte Zwängen durch diverse Kanalleitungen nicht hinwegtäuschen.

Dieses Zerstörerische ergibt sich aus unserer Herangehensweise an das Songschreiben. Wir kombinieren melodische Parts mit kaputten Sounds oder Sachen, die nicht offensichtlich sind. Es geht darum, aus einem Song alles rauszunehmen, was nicht unbedingt drin sein muss. Wir hatten manchmal zehn Ideen und übrig blieben die fünf wichtigsten. Wir haben die Songs also bis auf die Knochen auf ein Minimum reduziert.

Fenster haben eine feine Nase für Spannungsbögen. Sie steuern zielsicher musikalische Rastplätze an und können auch im Ruhezustand ohne Probleme grooven. Höchst erfreulich ist, dass auf „Bones“ alles schön handgemacht klingt. Analog ist halt manchmal nach wie vor besser.

Redaktion