Keine Angst vor Hits

Eine große Portion Weirdness

International Music kündigen mit „Insel der Verlassenheit“ ihr neues Album an, CHAI finden „Action“ besser als Worte und Kiwi Jr. drücken auf die Powerpop-Tube. Das und noch mehr Neuigkeiten aus der Welt der Popmusik gibt’s diese Woche in Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

BICEP – Isles

BICEP heißt das Projekt der beiden DJs Andrew Ferguson und Matthew McBriar, ursprünglich kommen sie aus Belfast, leben aber schon seit einigen Jahren in London. Dort haben sie 2008 ihr Blog Feel My Bicep gegründet, auf dem sie vergessene Songs aus Genres wie Chicago House, Detroit Techno, Disco und Italo Disco veröffentlichten. Daraust das musikalische Projekt Bicep hervorgegangen. Das 2017er Debütalbum erreichte immerhin Platz 20 der britischen Albumcharts. Auf dem Nachfolger „Isles“ verbinden sie viele Genre der 90er Underground Clubculture wie Garage, Jungle, House und Techno. Und sie samplen sich einmal um die ganze Welt mit Gesangsausschnitten von Malawischen Sängern, einem bulgarischen Chor oder auch indischer Musik. Tanzen kann man zu „Isles“ übrigens auch.

Rhye – Home

Michael Milosh alias Rhye ist in den letzten Jahren sehr viel rumgereist und hat in Kanada, Thailand und auch in Deutschland gelebt. Sein neues Zuhause liegt idyllisch im Westen von Los Angeles, einer Gegend, in der schon viele Künstler und Hippies gewohnt haben. Dort ist auch sein Album “Home” entstanden, ein luftiger Mix aus Pop, Electronica und R&B. Seine Songs sind eine Synthese aus Beats, orchestralen Verzierungen, Piano-Figuren und ätherischen Vocals, in denen die Instrumente getupft und der Gesang gehaucht ist, ab und zu flackern auch mal Gitarren und Streicher auf. Durchdacht durchkomponiert und stimmig arrangierter Kuschelpop.

Kiwi Jr. – Cooler Returns

Das kanadisches Quartett Kiwi Jr. hat Anfang 2020 sein Debütalbum “Football money” herausgebracht, jetzt steht schon der Nachfolger “Cooler returns” in den Startlöchern. Ihre schmissig-eingängigen Powerpop-Songs beinhalten auch die ein oder andere Eigenheit wie merkwürdige Akkord-Kombinationen oder skurril- altmodische Textabschnitte. Am besten lässt man das Album beim Putzen laufen, allerdings ist dann Tempo angesagt, denn nach nur 36 Minuten ist das Spaß schon wieder vorbei.

Neu auf der Playlist

CHAI – Action

Das japanische Quartett CHAI hat sich als Schülerinnen-Band in Nagoyo, Japan formiert. Die vier Musikerinnen Mana, Kana, Yuna and Yuuki stecken ihre Musik in die selbst gezimmerte Schublade Pink-Punk. Und um den Humor der Band zu illustrieren, hilft ein Blick auf die Titel der beiden bisher veröffentlichten Alben. Das erste hieß Pink. Das zweite Punk. Tatsächlich führt die Genre-Beschreibung ein wenig in die Irre. Denn CHAI machen international anschlussfähigen Pop, mit dem sie auch schon auf dem Song Machine-Projekt der Gorillaz gelandet sind. Ihr fröhlicher Song „Action“ mixt organische Elektronikbeats im Stile von Simian Mobile Disco mit der verspielten und parolenhaften Lyrics á la CSS, die sie selbst auch als Einfluss nennen. Eine ganz erstaunliche Band, auch weil ihr drittes Album „WINK“ im Mai beim – bislang nicht für J-Pop bekannten – Indie-Label Sub Pop erscheinen soll.

International Music – Die Insel der Verlassenheit

Pedro Gonzalves Crescenti und Peter Rubel kennt ihr vielleicht als The Düsseldorf Düsterboys. Wenn dann Schlagzeuger Joel Roters noch dazu kommt und die Gitarrenverstärker an den Strom gehängt werden, wird’s lauter. Aber mindestens genau so gut. Die Debüt-LP von International Music „Die besten Jahre“ war eines der Alben des Jahres 2018 aus dem deutschsprachigen Raum. Mittlerweile hat die Essener Band den Nachfolger „Ententraum“ angekündigt. Wer die Kombination aus den sehr bedeutungsoffenen und assoziativ wirkenden Texten und der orientalisch bis psychedelischen verzierten Musik direkt versteht, möge sich bitte melden. Was aber direkt klar ist: International Music lieben Weirdness und Rockmusik ohne Rock-Attitüde.

Goat Girl – Badibaba

Goat Girl sind eine Postpunk-Band aus dem Süd-Londoner Stadtteil Brixton. Die Namen der Bandmitglieder lassen bereits eine gewisse Punk-Affinität erahnen: Clottie Cream, L.E.D., Rosy Bones und Holy Hole nennen sich die vier Frauen auf der Bühne. Ihr Anti-Patriarchat-Powerpop war schon auf dem selbstbetitelten Debüt wuchtig und präzise zugleich. Das zweite Album „On All Fours” ist bereits bereits fertig und die letzte Vorab-Single daraus „Badibaba“ zeigt erneut, was die Band ausmacht: Sie ist verspielt. Sie ist sehr tanzbar. Und die beiden Sängerinnen Clottie Cream und L.E.D. schweben wie selbstverständlich darüber mit ihren lakonisch vorgetragenen Wahrheiten und Unannehmlichkeiten in unseren Krisenzeiten.

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