Keine Angst vor Hits

Bunt und granatenstark

Von Roosevelt gibt es mit „Sign“ ein Lebenszeichen, Bibio durchstreift musikalisch die englische Landidylle und Savages-Sängerin Jehnny Beth macht katarthischen Industrial-Elektro-Lärm. Außerdem: die Aktion „Night of Light“ zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft. All das und mehr in Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

Bibio – Sleep On The Wing

Auf seinem letzten Album „Ribbons“ hat der englische Musiker Stephen Wilkinson alias Bibio verspulten Psychedelic-Folk mit Elektro-Einsprengseln gespielt. Auf der neuen EP „Sleep On The Wing“ geht er einerseits noch ein paar Schritte weiter Richtung pastoralen Folk mit Field Recordings, andererseits finden sich aber auch viele atmosphärischen Instrumentals, die an etwas obskurere Künstler*innen der 60er und 70er erinnern, z.B. Vashti Bunyan. Am besten klingt Bibio, wenn er verschiedene Stile zusammenbringt. Und auch hier kombiniert er eher klassisch anmutende Folksongs mit zeitgenössischen, ambienthaften Strukturen.

Jehnny Beth – To Love Is To Live

Jehnny Beth ist die Frontfrau der pausierenden Post-Punk-Band Savages. Auf ihrem Solo-Debütalbum „To Love Is To Live“ lässt sie die heftig angezerrten Gitarren ihrer Band weg und macht lieber elektronisch Lärm. Die Songs pendeln zwischen sperrig/aggressivem Elektro-Noise, fast schon leicht verdaulichem Pop mit Bläsern und melancholischen Piano-Stücken voller Pathos. Ihr Gesang ist Savages-typisch intensiv bis lieblich. Auch wenn sie sich textlich manchmal ein bisschen zu sehr auf Schema-F-Reime verlässt, ist die zügellose katarthische Energie des Albums anstrengend, aber hörenswert.

Wargirl – Dancing Gold

Wargirl ist eine sechsköpfige Band aus Long Beach, CA. Im letzten Jahr ist ihr selbstbetiteltes Debütalbum erschienen auf dem sie 70s-Soul, Funk, Disco und Psychedelia mischen. Keine Wunder, können sich doch alle Mitglieder, trotz unterschiedlicher musikalischer Vorlieben, auf die Bands der Woodstock-Ära einigen. Genau wie das berühmte Festival wollen auch Wargirl Hippie-Vibes verbreiten: Liebe, Freiheit, Positivität und Lebensfreude. Mir ihrem zweiten Album „Dancing Gold“ legen sie da schon ganz gut vor. Zu oben genannten Einflüssen kommen noch Afrobeat und Reggae, alles zusammen münzen sie in ein vielseitiges und gutgelauntes Album.

Neu auf der Playlist

Roosevelt – Sign

Marius Lauber kommt aus Viersen und hat als Schüler bei der Indie-Band Beat!Beat!Beat! am Schlagzeug gesessen. Beats sind auch nach wie vor sein Spezialgebiet, als Roosevelt produziert er die aber vorwiegend elektronisch. Roosevelts eingängig produzierte Tracks haben ihn mit Auftritten und DJ-Sets an renommierte Veranstaltungsorte wie das Primavera Festival, das Montreux Jazz Festival, die Kantine am Berghain oder in den Boiler Room gebracht. Mit seiner neuen Single “Signs” macht Roosevelt das, was er am besten kann: Elektronischen, tanzbaren Pop an der Schnittstelle zu Indie.

Jorja Smith – Rose Rouge

Das Label Blue Note ist eines der bekanntesten Jazz-Labels überhaupt. Legenden wie Miles Davis, John Coltrane oder Theolonius Monk veröffentlichten hier. Gelegentlich öffnet Blue Note seine Archive für kleine und große Gegenwartskünstler, die für würdig befunden werden, das großartige Material neu zu bearbeiten. Mitte der 2000er entstehen so zum Beispiel Madlibs fantastische LP “Shades of Blue” oder die “Blue Note revisited”-Compilation. Im September dürfen wir uns auf eine neue Episode der Neuinterpretationen freuen: “Blue Note Re:Imagined” wird das Album heißen. Als Appetithappen covert die britische Künstlerin Jorja Smith den Acid Jazz-Klassiker “Rose Rouge” von St.Germain.

Shamir – On My Own

Ihr habt beim Label “Singer/Songwriter” den weißen Dude im Flanellhemd vor Augen? Shamir bricht diese enge Sichtweise hoffentlich auf. Der schwarze Popkünstler ist in Las Vegas geboren, mit Alternative-Rock der 90er groß geworden und mixt alles durcheinander, was die Popkultur an Schattierungen so zu bieten hat, egal ob die eher als schwarze oder weiße, als männliche oder feminine Musik verstanden werden. Das macht seinen Sound wie hier in “On My Own” zu hören erfrischend untypisierbar. Thematisch geht’s dafür beim Mittzwanziger Shamir auch um ein klassisches Mittzwanziger-Thema: Die Beschäftigung mit sich selbst nach dem Ende einer Beziehung.


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Redaktion