Musikvideo der Woche | Toro Y Moi „Lilly“

Die Ästhetik eines Supermarktregals

Toro Y Moi mischt in seinem neuen Musikvideo „Lilly“ fliegende Lebensmittel und Supermarkt-Stillleben mit einer ordentlichen Portion Eletro-Funk – und obendrein gibt es noch eine farbenfrohe Gesellschaftskritik.

Toro Y Moi – hinter dem franko-spanischen Namensmix verbirgt sich der amerikanische Musiker und Produzent Chaz Bundick. Vor wenigen Jahren galt er noch als Vorzeigekünstler des Chillwaves – einem Electropop-Genre mit simplen Melodien, aber vollgepackt mit Synthesizern, Loop-Samples und stark bearbeitetem Gesang. Die Musik der Generation Instagram. Und genau wie ein Instagram-Trend war Chillwave bald Schnee von gestern. Zeit also, sich neu zu erfinden. Und so wendet sich Toro Y Moi aka Chaz Bundick auf seiner neuen Platte „So what?“ psychedelischen Funk-Beats und Surf-Rock-Anleihen zu. Ab und an blinzelt beim Musikvideo zum Song „Lilly“ aber doch die alte Chillwave-Vergangenheit durch.

Electro-Funk zwischen Hackfleisch und Nudelsoße

Unterlegt von entspannt elektronischen Funk-Gitarren fliegen wir zu Beginn des Videos über eine sonnige amerikanische Vorstadt. Die Aufnahmen erinnern an die Luftaufnahmen des Fotografen Christoph Gielen. Und überhaupt steckt das Video voller künstlerischer Anleihen. Denn gleich nach dem Überflug über die Stadt folgen wir dem Sänger Bundick in einen der gigantischen amerikanischen Supermärkte. Hier beobachten wir ganz normale Menschen beim Einkauf. Mal mit Nudelsoße zwischen zwei Regalen oder beim Gurken zählen werden die Menschen in ruhigen Stillleben gezeigt, die dem Akt des Einkaufens eine ganz besondere Ästhetik im Stile Edward Hoppers geben.

Die Menschen sind alle so gelähmt. Der Alltag ist quasi das Langweilige und da setzt das Video an. – Maurice Gajda, Musikvideo-Experte

Pop-Art Collage vor fallender Wurst

Ab der Mitte des Videos kommt Bewegung in den Einkaufstempel. Gurken, Würste, Donuts fallen in Zeitlupe vor knalligen Farbflächen. Zusammen mit satten Bildern der Band und der sphärischen Musik ergibt sich daraus eine psychedelische Pop-Art-Collage. Und am Ende dürfen natürlich die obligatorischen Suppendosen von Warhol nicht fehlen. „Lilly“ – volle Kritik an der Konsumgesellschaft und der Künstlichkeit der sterilen Vorstadt. Oder einfach ein schickes Musikvideo mit entspannt guter Musik.

detektor.fm-Moderator Alexander Hertel hat Musikvideo-Freund Maurice Gajda gefragt, was er von fallenden Würsten und der Supermarkt-Ästhetik hält.

Es ist eine sehr schön verpackte Kritik an unserer Massengesellschaft und das versteckt in bunten Bildern und so angenehm, dass man sich eher noch entspannt fühlt.Maurice Gajda 

Das Musikvideo zu „Lilly“ von Toro Y Moi

Redaktion: Pascal Anselmi