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Reingehört: Jonathan Jeremiah – A Solitary Man

Schon als Teenager konnte Jonathan Jeremiah nichts mit kurzweiligen Trends oder aktuellen Charts anfangen. Er hörte sich lieber einmal quer durch die Plattensammlung seiner Eltern und entdeckte dabei seine Liebe für 60s Folk und großen Melodien. Nun ist sein erstes Album „A Solitary Man“ erschienen.

„If you’re going to San Francisco, you’re gonna meet some gentle people there“, versprach einst der amerikanische Sänger Scott McKenzie. Das ließ sich der englische Songwriter Jonathan Jeremiah nicht zweimal sagen und reiste nach Kalifornien, um ein paar Songs aufzunehmen. Ohne Geld und die nötigen Kontakte war das jedoch komplizierter als er sich es vorgestellt hatte.

Ich war ziemlich naiv und dachte, man geht da einfach rein und sagt: Ich hab hier ein paar echt gute Songs, kann ich ein paar Tage in eurem Studio aufnehmen? Das hat natürlich nicht geklappt. Sie haben mich rausgeschmissen.

Amerika, und vor allem Kalifornien, hatten es Jonathan schon lange angetan.

Ich war ziemlich Amerika-besessen. Als Kind war ich mal dort mit einem Schüleraustausch und in meiner Gastfamilie gab es diese zwei hübschen, blonden Mädchen, die immer mit einem Mustang rumgefahren sind. Und ich dachte mir damals: Wow, Kalifornien gefällt mir. Außerdem stand ich auf Carly Simon und Carole King und diese heißen 70er Jahre Mädels. Deshalb wollte ich immer zurück nach Amerika.

Zwar hat Jeremiah weder Carole King noch Carly Simon auf der Straße getroffen, umsonst war seine Reise durch die USA aber nicht. Zentrale Stücke wie A Solitary Man oder Happiness nahmen dort ihren Anfang.

Für die Arrangements seiner Songs hatte Jonathan Jeremiah sehr präzise Vorstellungen, deren zentrale Bestandteile ein analoges Studio und ein 24-köpfiges Orchester waren. Um die Produktion finanzieren zu können, schob er eine Zeitlang Nachtschichten beim Sicherheitsdienst im Wembley Stadion: Nach jeder Nacht konnte er ein weiteres Orchestermitglied bezahlen.

Gelohnt hat sich der Aufwand zweifellos: Der Sound ist warm und wohlig. Großzügig breiten die Streicher und Bläser ihre Klangflächen als Fundament für Jeremiahs tiefe, durchdringende Stimme aus. Der Eindruck, es handele sich bei den Stücken zum Teil um einen Kinosoundtrack kommt nicht von ungefähr. Denn nach 60er Jahre Folk ist opulent arrangierte Filmmusik Jonathans zweite große Liebe.

Ich habe in Wembley gelebt, einem alten, etwas schwierigen Teil Londons und meine Wohnung war auch nicht so toll. Deshalb wollte ich immer nur Musik hören, die mir half zu entfliehen. Ich mochte John Barry und Scott Walker, diese opulente Kinomusik. Ich war immer von Musik beeinflusst, die mich an einen anderen Ort geführt hat.

Bei seinen Texten stützt sich der Sänger nicht ausschließlich auf die eigene Gefühlswelt, interessante Geschichten findet er fast überall.

Ich war nie so wild drauf, Tagebucheinträge zu singen wie: Heute war ein toller Tag, heute hab ich mit meiner Freundin Schluss gemacht usw. Ich bin ohnehin eher ein Privatmensch. Es gibt solche Texte, aber einige sind auch allgmeine Beobachtungen menschlichen Verhaltens oder basieren auf seltsamen 80er Jahre Kultfilmen. Ich bediene mich da überall.

Jonathan Jeremiahs Hingabe und Liebe zum Detail haben sich ausgezahlt. Sein Debütalbum klingt so, als würde es schon seit Jahren im Plattenregal stehen, gleich neben Carole Kings Tapestry und Cat Stevens‘ Catch Bull At Four. Bleibt zu hoffen, dass er für seine nächste Platte nicht nochmal zehn Jahre braucht. Bis dahin lässt es sich mit einer Tasse Tee und A Solitary Man aber in jedem Fall vortrefflich entspannen und träumen.


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