Manche Menschen wissen von klein auf ganz genau, was sie später machen wollen: Tierarzt, Richterin oder Lehrer. Sergio Mendoza vom Orkesta Mendoza ist so jemand und für ihn war immer klar: Er wird einmal Musik machen. Schon mit fünf Jahren spielt er heimlich auf dem Keyboard seines älteren Bruders. Später kommen noch Schlagzeug, Bass, Klarinette und ein paar andere Instrumente hinzu. Mendoza wächst in der geteilten Grenzstadt Nogales in Arizona auf. Im Radio laufen Cumbia, Mambo, mexikanische Rancheras und Mariachi. An seiner Schule gibt es ein sehr gutes Musikprogramm, was der junge Sergio voll ausnutzt.
Nach der Schule habe ich ein oder zwei Stunden Klavier gespielt, dann Schlagzeug und dann Bass. Ich habe immer alle drei Instrumente geübt und mir auch extra Zeit dafür genommen. Im Jazzprogramm hab ich Saxophon und Klavier gespielt. Außerdem war ich in der Dixieland-Kapelle. An unserer Schule in Nogales hatten wir ein sehr gutes Musikprogramm.
Mehr Erfahrung, mehr Selbstvertrauen
Sergio Mendoza ist ein umtriebiger Typ. Seit ein paar Jahren ist er fester Bestandteil der Liveband von Calexico. Und auch an deren letzten Album „Edge Of The Sun“ hat er kräftig mitgeschrieben. Außerdem tourt er regelmäßig mit DeVotchka und dem Mexican Institute of Sound. 2012 kehrt er mit seinem ersten eigenen Album Mambo Mexicano wieder zu den Sounds seiner Kindheit zurück. Diese Platte klingt noch ein wenig schüchtern und zögerlich, auf ¡Vamos a Guarachar! legt Mendoza eine große Schippe Selbstbewusstsein drauf.
Die Songs für sein neues Album hat Sergio Mendoza nicht mit Klavier oder Gitarre geschrieben, sondern mit Percussions, erzählt er.
Für meine eigene Band schreibe ich Songs mit Percussions. Wir fangen mit einem Groove an und schauen dann wie sich der Song entwickelt. Das hab ich mir von John und Joey von Calexico abgeschaut, die gehen ins Studio, ohne etwas vorzubereiten. Ich habe früher immer vorher Songs geschrieben, aber ich fand diese Arbeitsweise interessant und wollte sie ausprobieren. Wir haben dann meist mit den Congas oder Shakers angefangen, dann Bass und Klavier. Schlagzeug, Gesang und so etwas kamen erst ganz am Schluss.
„Hast du auch Papiere?“
Das Ergebnis sind zwölf energiegeladene Stücke zwischen Cumbia, Polka, Indie und Elektronika – Musik die weder mexikanisch, noch amerikanisch ist, sondern irgendwas dazwischen. Die Texte sind meist auf Spanisch und handeln von Liebe, aber auch von der politischen Situation in Arizona. Seit 2010 gibt es dort ein Gesetz, das Polizeibeamten erlaubt, die Papiere von jedem zu verlangen, der ein illegaler Einwanderer sein könnte. Praktisch bedeutet das: jeder, der aussieht wie ein Mexikaner, kann angehalten werden. Mendoza hatte mit der Polizei glücklicherweise noch keine Probleme, dafür mit einem Koch.
Ich habe ein paar Jahre in einer Countrybar gespielt, ich war der einzige mit mexikanischen Wurzeln, aber es gab keine Probleme. Eines Abends hat mich die Band eingeladen, mit ihnen noch ein Bier zu trinken. Dann kam der Koch aus der Küche und sagte: Hey, ich koche immer das Essen für dich. Und ich sagte: Oh vielen Dank! Und dann wurde es schnell unangenehm: Wo kommst du her, kommst du aus Mexiko? Hast du auch Papiere? Und ich: Nein, ich komme von hier und ich hab die gleichen Papiere wie du. Ich bin da nie wieder hingegangen.
¡Vamos a Guarachar! ist eine Einladung, sich auf den kulturellen Austausch zwischen Norden und Süden ohne Scheuklappen einzulassen. Und wenn dieser Austausch so viel Spaß macht wie mit Orkesta Mendoza, kann man einfach nicht nein sagen.