Reingehört: Slut – Alienation

Die Mitglieder der Band Slut sind alte Hasen im Musikzirkus. Mitte der 90er gehörten sie zusammen mit Miles und Readymade zu einer Gruppe von deutschen Bands, die erstaunlich authentisch klingende, englisch-sprachige Rockmusik spielten. Jetzt ist ihr siebtes Studioalbum mit dem Titel „Alienation“ erschienen.

Eigentlich heißt es ja: Zu viele Köche verderben den Brei. Das sehen Slut offenbar ganz anders. Denn für ihr siebtes Album Alienation haben sie gleich mit fünf Produzenten zusammengearbeitet. Aber das waren natürlich nicht irgendwelche Produzenten. Jeder von ihnen hatte vorher schon mal bei dem ein oder anderen Slut-Album an den Reglern gesessen. Die Musiker kannten also die Qualitäten der Einzelnen genau und das haben sie sich zu Nutze gemacht, erklärt Gitarrist Rainer Schaller.

Oftmals ist es in der Vergangenheit vorgekommen, dass wir mit irgendwelchen Ideen ins Studio gewandert sind und das ein oder andere Lied vielleicht nicht die hundertprozentig günstigste Endform gefunden hat. Das war dieses Mal komplett anders. Wir waren uns ganz klar drüber bewusst, wohin die Reise gehen soll mit einzelnen Songs und haben daraufhin auch ganz konkret die entsprechenden Leute kontaktiert und mit denen weiter dran gearbeitet.

Studiozeit nur am Wochenende

Als die Musiker genügend Songs zusammen hatten, tat sich erst mal ein anderes Problem auf. Vier bis sechs Wochen am Stück freizunehmen, um ins Studio zu gehen – das konnten sie einfach nicht mehr mit ihrem Privatleben vereinbaren. Rainer Schaller erzählt, wie sie dieses Dilemma gelöst haben.

Dann haben wir nen Plan B entworfen und versucht, das auf verlängerte Wochenenden und einzelne Teams zu verteilen. So konnten wir dann auch die Republik bereisen. Wir waren in Weilheim, in Bochum, in Hamburg, Berlin und Stuttgart. Das war auch für den Input der Platte total wichtig, an verschiedenen Orten zu sein.

Das Ergebnis ist in etwa so vielseitig wie eine Reise durch die Bundesrepublik und darüber hinaus. Gleich im ersten Song Anybody Have A Roadmap erklingt ein Keyboard, das an Steeldrums erinnert.

Klasischer Indierock, fiepende Elektro-Beats und eine Sitar

Die Band wirft auf Alienation alles ins Rennen, was Instrumente und Studiotechnik hergeben. Es gibt die klassisch nach vorne rockenden Nummern wie Next Big Thing. Aber es finden sich auf dem Album auch frickelige Elektro-Stücke mit fiependen Beats oder psychedelische Pop-Nummern mit fernöstlichen Elementen wie Silk Road Blues.

Im Titelstück kommen ernste Holzbläser zum Einsatz und der Song Remote Controlled wird von einem groovenden New-Order-Bass dominiert.

Wo will die Platte hin?

Das hört sich alles sehr gut an und doch stellt sich die Frage: Wo will diese Platte eigentlich hin? Würden nicht Bandname und Albumtitel draufstehen, könnte Alienation gut und gerne als Mixtape durchgehen. Rainer Schaller erklärt die Idee dahinter folgendermaßen.

Es gibt schon sehr viele Platten, da hört man zwei, drei Songs und dann kann man die Linie so weiterziehen und es ist sehr erwartbar, was dann noch so kommt. Das war nie unser Ziel, wir wollten eher so diesen Gedanken der Platten aus den 50ern wieder aufleben lassen, wo die LP noch gar nicht erfunden war sondern es eher so en Art Singles-Ansammlung war.

Singles-Ansammlung oder nicht – Slut können immernoch mitreißende Indierock-Nummern schreiben. Allein es fehlt ein bisschen die Lockerheit. Vielleicht tun es beim nächsten Mal ja auch ein paar Produzenten weniger. Dann klingt das Ergebnis vielleicht nicht so überambitioniert, aber das hat ja auch seinen Reiz.