Reingehört: Thundercat – Apocalypse

Thundercat ist der begnadete Bassist Stephen Bruner aus Los Angeles. Seit längerem ist er auf den Hip-Hop-Tracks von Kult-Produzent Flying Lotus zu hören. Mittlerweile schreibt er auch eigene Songs und das sehr erfolgreich. Sein neues Album „Apocalypse“ ist gerade erschienen und gibt tiefe Einblicke in Thundercats musikalische Trickkiste.

Eigentlich stand immer fest, dass Stephen Bruner alias Thundercat eine Musikkarriere bevorsteht. Bereits sein Vater hat als Schlagzeuger für Diana Ross gearbeitet und auch sein Bruder werkelt gerade an seinem ersten Album. Thundercat hingegen hatte schon früh die Bassgitarre für sich entdeckt. Mit dem experimentellen Hip-Hop-Produzenten Flying Lotus hat er auch schon bald den passenden Partner für gemeinsame Projekte gefunden. Seitdem ist er regelmäßig auf dessen Platten zu hören und legt mit Apocalypse auch solo bereits sein zweites Album vor.

Die bewusste primitive Haltung in den Songs ist der Schlüssel zur Genialität auf Apocalypse. Thundercat paart dafür sonderbare Akkordmuster und Rhythmen mit simplen Melodien und Textzeilen, die vor Klischees nur so strotzen. Beispiele dafür gibt es massenhaft. Im Song Oh Sheit It’s X ist es eine virtuose Funk-Bassline. Die bildet unterschwellig ein gigantisches Fundament, während Thundercat leichtfüßig über eine verliebte Nacht auf Ecstasy berichtet.

Pop-Appeal statt Nerdtum

Generell ist Thundercats Stimme auf Apocalypse weitaus fundamentaler als bisher. Eine gehörige Portion Pop-Appeal steckt nun in seinen Songs. Ein neuer Anspruch, der Thundercats bisherigen musikalischen Fokus deutlich verschiebt. Ein direkter Plan steckt jedoch nicht dahinter, erzählt Bruner:

Ich habe nicht damit gerechnet, auf dem zweiten Album mehr zu singen. Das kam ganz natürlich. Vocals sind mir natürlich wichtig, aber die Musik steht an erster Stelle und sollte so gut klingen wie möglich. Die Stimme kommt gewöhnlich erst im Nachhinein oben drauf. Meistens lass ich die Dinge einfach laufen und plane nicht, wie ich klingen möchte.

Apocalypse ist auf Brainfeeder, dem Label von Flying Lotus erschienen. Der ist auch selbst als Produzent auf dem Album tätig gewesen. Darin besteht kein Zweifel. Flying Lotus steckt als eine Art zweites Bandmitglied spürbar in jedem einzelnen Track. Es ist eine Ehre gewesen mit ihm zu arbeiten, schwärmt Thundercat:

Mit Flying Lotus zu arbeiten ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Wir teilen uns einen geistigen Raum, wenn es ums kreatives Denken geht. Manchmal ist es wirklich symbiotisch, wie fließend wir gemeinsam Musik machen. Manchmal dauert es eine Weile, bis wir an diesen Punkt kommen, aber es lohnt sich jedes Mal. Wir wissen nie genau, wohin wir musikalisch gehen werden. Wenn ich mir Sachen auf meine Weise anhöre, hört er sie immer nochmal auf eine andere. Oft vertraue ich deshalb seiner Meinung. Er ist sehr gut darin, Bilder mit Klängen zu malen. Ganze Klanglandschaften. Man kann seinen Einfluss auf dem Album wirklich hören.

Die nächste Pop-Generation

Flying Lotus bringt seinen weltraumartigen Lo-Fi-Groove auf die Platte. Schon lange steht sein Sound stellvertretend für eine neue Generation von Produzenten in Los Angeles. Mit diesem Album lässt sich erneut unterschreiben, dass er mit Sicherheit die nächsten Jahre des urbanen Pops bestimmen wird.

Apocalypse versorgt einen ohne große Anstrengung mit außergewöhnlich vielseitiger und innovativer Musik. Nichts drängt sich auf oder nimmt sich zu wichtig. Alles entwickelt sich natürlich und türmt sich langsam auf. Flying Lotus liegt goldrichtig, wenn er in einem Tweet bedauert, dass Thundercat lediglich die Aufmerksamkeit eines Underdogs zukommt.