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Rezension: J Mascis – Several Shades Of Why

J Mascis – Altskater, Gitarrenvirtuose und Frontmann der Grunge-Heroen Dinosaur Jr. – veröffentlicht zwei Jahre nach dem letzten Dinosaur-Album eine Soloplatte. Mit „Several Shades of Why“ verabschiedet sich Mascis von seiner musikalischen Heimat, dem Grunge, und begrüßt den Hörer mit überraschend ruhigen Folk-Klängen.

Dinosaur Jr. Mastermind J Mascis scheint nicht der fröhlichste Mensch im Rockbusiness zu sein. Schon auf dem letzten Dinosaur-Album Farm sang er in dem Opener Pieces: „Need some help to find the pieces of our love“. Nun hat er mit Several Shades of Why sein erstes Soloalbum veröffentlicht und es scheint als sei die Liebe, von der Mascis schon so oft sang, nun komplett verloren.


Mascis Hang zum Theatralischen ist nichts Neues, die musikalische Ausrichtung dagegen schon: Im Vordergrund stehen dieses Mal nicht zehn Meter hohe Soundwände, vor denen man sonst immer ehrfürchtig auf die Knie fällt. Der Fokus liegt viel eher auf der nasal-nölenden Stimme des grauhaarigen Meisters und seiner Akustikgitarre. Das irritiert beim ersten Hören, ergibt aber am Ende umso mehr Sinn, da Mascis ja etwas zu sagen hat. Und das wird dieses Mal eben nicht unter Gitarrenbombast begraben, sondern thront über den sensibel arrangierten Liedern. Ab und zu erklingt im Hintergrund eine Geige, ein Klavier oder eine Flöte. Denen wird dann Raum geschenkt, wenn er angebracht ist. In den meisten Liedern aber übt sich Mascis in reduzierter Einfachheit.

Erstaunlich dabei ist, wie Mascis musikalisch zwischen melancholischen Akustiksets, fast fröhlichen Melodien und folkiger Country-Idylle changiert und damit grandios über den Inhalt der Texte hinwegtäuscht. Denn wenn Mascis mit der Platte etwas schafft, dann ist es dem Hörer den Glauben an die eine, universelle Wahrheit und Antwort zu nehmen: der Liebe.

Für Mascis gibt es kein Zurück, keine Hoffnung, kein Neuanfang. Nur Unverständnis und Fragen und das Titelgebende „Warum“ in all seinen Nuancen. Zum Beispiel, warum er sie verlassen hat und ob man nach dieser einen Liebe weiterleben kann. Und während andere Musiker in ihren Liedern mit dem ehemaligen Partner abrechnen oder sie dazu nutzen neu anzufangen, badet Mascis förmlich in seinem Schmerz.

Das Video zu der ersten Single Not enough, das von Kollege Chad VanGaalen produziert wurde, bringt das Thema des Albums dann auch auf den Punkt: Mascis wird darin gegessen, wieder ausgespuckt und ertrinkt schließlich im Meer. So also leiden alternde Grunger.

Apropos Grunge: Trotz der zurückhaltenden Instrumentierung, kommt die E-Gitarre am Ende doch noch zum Einsatz. Aber genauso sparsam, wie er die restlichen Instrumente einsetzt, lässt er die E-Gitarre, besonders im zweiten Teil der Platte, eher im Hintergrund erklingen. Nur in den letzten zwei Liedern wird aus der Indie-esken Beseeltheit des Anfangs sowas wie Grunge-Folk.Can I und What Happened stellen den finalen, schmerzhaften Kampf und das Abschließen mit der Liebe dar und sind dementsprechend aggressiver im Gesang und in der Instrumentierung. Auf dem Dinosaur Jr.-Vorgängeralbum Farm sang er immerhin noch davon, über diesen Schmerz hinweg zu kommen. Nun resümiert er: „No conclusions, it’s too late“.

Nach dem Grunge-Gewitter der letzten beiden Dinosaur Jr.-Alben, die wie ein tagelanger Sturm die Welt ein bisschen übersichtlicher hinterließen, stellt Several Shades of Why konsequenterweise die Ruhe und Leere nach dem Sturm dar. Das Album festigt J Mascis‘ Status als überragenden Musiker, der zwar in Interviews nicht viel zu sagen hat, dafür in seinen Liedern umso mehr.

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