Saitenwechsel: Eine neue Orgel für das Gewandhaus

Orgelbau ist Teamwork

Sie gilt als Königin der Instrumente. Sakral, laut und ziemlich groß – so kennen wir die Orgel aus Kirche und Konzerthaus. Doch es gibt sie auch in klein. Das Gewandhaus will sich nun so eine kleine Saalorgel anschaffen. Warum eine Orgel allein manchmal nicht genug ist und worauf es ankommt beim Orgelbau.

+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++


Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.

Die Orgel, Königin der Instrumente, wirkt nicht nur in ihrem Klang erhaben und pompös, auch in ihrer Erscheinung taugt sie als Blickfang.

Im Großen Saal des Gewandhauses gibt es so eine Orgel. Ein mächtiges Instrument mit mehr als 6.000 Pfeifen. Einige so groß, dass sie bis knapp unter die Decke reichen. Doch nun soll eine zweite Orgel angeschafft werden. Eine kleine Saalorgel. Ist eine Orgel nicht genug?

Eine kleine Orgel ist dringend notwendig für das Spiel mit einem kleiner besetzten Ensemble. Gerade in der Barockmusik. Da steht der Name Johann Sebastian Bach hier natürlich an allererster Stelle. Aber es geht weiter bis in die Klassik hinein, wo wir ein Instrument brauchen, das dicht beim Orchester ist, das aber auch eine entsprechende Größe hat, um es solistisch einzusetzen.Michael Schönheit 

Zwei Orgeln in einer

Damit das neue Instrument den gewünschten Anforderungen entspricht, haben sich der Gewandhausorganist Schönheit und seine Kollegen eine ganz besondere Orgel gewünscht. Fahrbar soll sie sein. Damit man sie auf verschiedenen Positionen auf der Bühne einsetzen und auch mal in den Keller schieben kann, wenn sie nicht gebraucht wird.

Der Clou aber ist: Die Orgel wird in Teilen gebaut, die man sowohl zusammen als auch getrennt voneinander spielen kann. Das zweite Manual ist eine sogenannte Truhenorgel, eine Art tragbare Kiste, die man überallhin mitnehmen kann. Zum Beispiel ins Foyer, um dort Kammermusik zu machen.

Eine Mischung aus Orgel- und Autobau

Gebaut wird die neue Orgel von der Orgelwerkstatt Wegscheider in Dresden. Sechs bis sieben Leute bauen dort ein Jahr lang an der Orgel. Der knifflige Part beim Bau ist die sehr feine Mechanik.

Wenn Sie die Orgel von A nach B, in den Keller, über eine Schwelle oder ein Kabel schieben, dann rumpelt das und der ganze Apparat darf sich nicht verstellen. Das heißt, wir müssen einen Stahlbaurahmen machen mit ganz leichten Rädern. Das Ding wird ja ungefähr 650/700 Kilo wiegen, also knapp eine dreiviertel Tonne. Das muss also sehr leicht laufen. Das ist eine spannende Herausforderung. So eine Mischung aus traditionellem Orgelbau und Autobau. 

So teuer wie ein kleines Einfamilienhaus

Für so ein aufwendig konstruiertes Instrument muss man natürlich tief ins Portmonee greifen. Kostenpunkt der kleinen Saalorgel: 200.000 Euro. Hier springt die „Gesellschaft der Freunde des Gewandhauses zu Leipzig“ in die Bresche. Ein Förderverein mit über 700 Mitgliedern, der dem Gewandhaus mit Mitgliedsbeiträgen und Spenden bei der Beschaffung neuer Instrumente hilft.

So viel haben wir noch nie für ein Projekt versucht zu sammeln. Wir haben mal einen Steinway-Konzertflügel finanziert. Das waren 127.000 Euro. Deswegen sind wir optimistisch, dass wir auch das hier schaffen.Andreas Creuzburg 

Creuzburg und sein Verein setzen bei der Finanzierung auf Patenschaften für Orgelpfeifen. Vom Prinzip her erinnert es ein bisschen an Crowdfunding. Wer Orgelmusik mag, beteiligt sich vorab an der Finanzierung und bekommt so – zumindest symbolisch – ein Stück vom Kuchen ab.

Finanzierung und Orgelbauer stehen also in den Startlöchern. Nur Gewandhausorganist Michael Schönheit muss sich noch ein bisschen gedulden.

Redaktion