Saitenwechsel | Gustav Mahler – Des Knaben Wunderhorn

Der Meister mit Humor

Eine gute Melodie verdient einen guten Text. Doch was, wenn man als Songwriter nicht taugt? Gustav Mahler hat sich einfach an den Texten anderer Dichter bedient. Dabei ist eine einzigartige Sammlung entstanden: Des Knaben Wunderhorn.

+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++


Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.

Ein gutes Lied braucht einen guten Text. Da kann die Melodie noch so schön sein, wenn der Text nicht passt, wird es wohl kaum ein Erfolg werden. Nun ist aber nicht jeder Musiker auch gleichzeitig ein guter Dichter. Klar, man kann jemanden zum Songwriting beauftragen – oder sich einen Text vornehmen, den es schon gibt. Zum Beispiel ein Gedicht. Diesen Weg wählt der Komponist Gustav Mahler Ende des 19. Jahrhunderts, als er seine Lieder komponiert.

Mahler und seine Bibel

Gewissermaßen seine Schatztruhe für Liedtexte wird eine große Sammlung an Gedichten und Volksliedtexten mit dem Namen „Des Knaben Wunderhorn“. Die Dichter Achim von Arnim und Clemens Brentano hatten diese mehr als 700 Texte gesammelt und 1805 veröffentlicht. Diese auf den ersten Blick sehr einfachen Texte werden für Gustav Mahler schließlich zu einer Art Bibel. In einem Brief schreibt er:

Diese Poesie unterscheidet sich von jener andren Art der Literaturpoesie und eher als Kunst kann man sie Natur und Leben nennen, was die wirklichen Quellen aller Poesie sind. – Gustav Mahler

Volkstexte – keine Volksmusik

Die Texte, die Mahler aussucht, reichen von Soldatenliedern bis hin zu Texten, die vom Tod und vom Jenseits handeln. Einige seiner Zeitgenossen finden es seltsam, dass Gustav Mahler für seine Lieder immer wieder die volkstümlichen Texte aus der Wunderhorn-Sammlung nimmt. Dabei klingt das, was Mahler aus diesen Texten macht, überhaupt nicht nach Volkslied.

Die Wirkung von Humor kann sich ja dadurch einstellen, dass die Musik was ganz anderes macht, als der Text sagt. Also der Text sagt ‚Ich singe mit heller Stimme‘ und der Mahler führt die Singstimme in ihre tiefste Lage. Eine Brechung, die vielleicht schon darauf hinweist, dass da einer gen Tod marschiert.Ann-Katrin Zimmermann 

Er packt alle musikalischen Mittel aus, die ihm zur Verfügung stehen, nutzt das ganze große Orchester. Dadurch bringt er die subtilen Ebenen hervor, die die Texte in sich tragen – und die seien oft alles andere als ernst, sagt Ann-Katrin Zimmermann, Dramaturgin am Gewandhaus zu Leipzig:

Ich glaub, das ist überhaupt der Grund, warum er sich so begeistert auf diese Wunderhorn-Sammlung stürzt, weil hinter dieser scheinbar so volkstümlichen Fassade immer ein abgründiger Humor lauert. Und das ist Mahler durch und durch. – Ann-Katrin Zimmermann, Gewandhaus zu Leipzig

Redaktion: Eva Morlang

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