Saitenwechsel: Max Bruch – 1. Violinkonzert

Klassisches One-Hit-Wonder

Verdammter Erfolg. Max Bruch schmeckte der Hype um sein Violinkonzert Nr. 1 so gar nicht. Schließlich hatte der Komponist ja noch andere Stücke in petto. Und wenn es nach ihm ging, waren die mindestens genauso gut. Doch die Musikwelt war da anderer Meinung.

+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++


Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.

Max Bruch ist genervt. Dabei hätte er allen Grund, sich zu freuen. Sein 1. Violinkonzert findet großen Anklang und wird überall gespielt. Weil er aber schon zu Lebzeiten auf dieses eine Werk reduziert wird, schreibt er im Jahr 1887 einen wütenden Brief an seinen Verleger: „Ich kann dieses Concert nicht mehr hören – habe ich vielleicht nur dieses eine Concert geschrieben? Gehen Sie hin und spielen Sie endlich einmal die anderen Concerte, die ebenso, wenn nicht besser sind!“

Der Komponist als Fußnote

Es ist ein krasses Missverhältnis zwischen dem, wie unglaublich bekannt dieses Violinkonzert ist und wie wenig man gemeinhin über diesen Max Bruch weiß. Er verkommt im Verlauf seines Lebens zu einer Fußnote von diesem Violinkonzert, möchte man fast meinen. Entsprechend wenig hat er das Stück gemocht.Ann-Katrin Zimmermann 

Max Bruch sieht in seinem 82-jährigen Leben viele Komponisten kommen und gehen sieht. Er erlebt eine Musikwelt im Wandel. Ein Wandel, den er nie so richtig nachvollziehen konnte. „Er hat immer mit Schelte um sich geworfen, was die jüngeren Kollegen anbelangt.“, sagt Gewandhaus-Dramaturgin Ann-Katrin Zimmerman. „Einer, der – wenn man es positiv formuliert – sich selber sehr treu geblieben ist, aber die Musikgeschichte ist halt weitergegangen. Zu seinem Pech.“

Bruchs Violinkonzert ist ein Musterstück der Romantik. Noch heute wird es regelmäßig aufgeführt. Der dänische Geiger Nikolaj Znaider spielt es bald mit dem Gewandhausorchester. Und auch wenn er es schon etliche Male aufgeführt hat, kann er bei jedem Mal etwas Neues entdecken.

„Das ist nie langweilig“

Die erste Note des Bruch-Konzerts ist ein langes G. Entweder man behandelt sie als verbindendes Element für den ganzen ersten Satz oder man entscheidet sich dafür, dass sie ein Statement für sich ist. Für welchen Weg man sich auch entscheidet – und es gibt Millionen dazwischen – es wird die nächste Note beeinflussen. Und die Note danach. Deswegen fühlt es sich beim Spielen für mich so an, als würde ich das Stück gerade zum ersten Mal entdecken. Das ist nie langweilig.Nikolaj Znaider 

Was viele Musiker heute fasziniert, ist Max Bruch zu Lebzeiten ein Dorn im Auge. Sein zweites und drittes Violinkonzert findet er mindestens genauso gut. Und dann begeht er auch noch einen folgeschweren Fehler. Er verkauft die Rechte an seinem ersten Violinkonzert einmalig für schlappe 250 Taler.

Musikalisch hat Bruch dagegen vieles richtig gemacht. Auch in Sachen Länge. Das Konzert passt optimal in einen Konzertabend, auf eine Schallplatte, eine CD. Es ist nicht nur in sich stimmig, sondern auch noch markttauglich. Und somit ein Werk, das vielleicht größer ist als sein Schöpfer.

Redaktion