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Wirbel um DJ-Maut: Die GEMA bittet DJs zur Kasse

GEMA und kein Ende. Kaum ist der Ärger über die letzte Tarifreform verklungen, sorgt die GEMA mit einem neuen Tarif für Wutausbrüche: Vom ersten April 2013 an sollen DJs dafür zahlen, dass sie im Club auflegen.

GEMA: Wirbel um DJ-Maut 07:12

Die GEMA will Geld, mal wieder. Seit dem ersten April 2013 bittet sie DJs zur Kasse, die mit Kopien von Musikstücken auflegen. Darunter fallen zum Beispiel CDs, die auf den Laptop gerippt wurden. Den DJs gefällt das natürlich gar nicht, sie laufen Sturm gegen die vermeintliche Abzocke. Doch hinter der Entrüstung lauern viele Missverständnisse: Die GEMA missversteht Club-DJs und die wiederum haben ein ganz grundsätzliches Problem mit der GEMA.

Der Kern des Problems: das Urheberrecht

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte – kurz  GEMA – hat einen Tarif in Kraft gesetzt, den VR-Ö, auch DJ-Tarif genannt. Der Tarif regelt, wann Lizenzgebühren für die Vervielfältigung von Musikstücken fällig werden und wie hoch diese Gebühren sind. Denn anders als Kopien zum privaten Gebrauch müssen Kopien kostenpflichtig neu lizensiert werden, sobald damit in irgendeiner Weise Geld verdient wird. Also auch dann, wenn im Club ein DJ mit gebrannten CDs und gerippten Mp3s Musik macht. So will es das Urheberrecht. Doch wer soll diese Gebühr bezahlen?

Der Diskothekenbetreiber sagt: Ich vervielfältige nicht, ich lasse bei mir einen Diskjockey auftreten. Und wenn der vervielfältigt, dann, bitte schön soll der auch zahlen. (Uwe Dorn, Bezirksdirektor der GEMA Sachsen)

Darauf geeinigt , dass die DJs zahlen müssen, haben sich unter anderem der Branchenverband des Gastgewerbes, Musikveranstalter und der Berufsverband Discjockey e.V., BVD. Der BVD vertritt zwar Djs. Vor allem aber mobile Party-DJs und Hit-Jongleure – und nur sehr wenige Club-DJs. Ihre Interessen und Arbeitsweise wurden in den Verhandlungen deshalb auch nicht berücksichtigt. Bislang haben die Musikveranstalter und Clubbetreiber eine Pauschale an die GEMA entrichtet. Jetzt sollen stattdessen diejenigen zahlen, die die Kopie angefertigt haben und nutzen – also jeder einzelne DJ.

Unabhängig davon, ob das gerecht ist. Es wird das Gut eines Urhebers genutzt und der hat nach dem Gesetz einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung. (Uwe Dorn, GEMA)

Und deshalb muss die GEMA stellvertretend für die Musikurheber die Lizenzgebühren eintreiben. Für den einzelnen DJ bedeutet das: Alles was vor dem ersten April kopiert wurde kann mit einer einmaligen Zahlung von 125 Euro abgegolten werden. Medienrechtsanwalt Stephan Benn begrüßt diese Pauschale.

Die Gebühr nützt vor allem den DJs, weil die haben Rechtssicherheit. Die laufen alle mit illegalen Vervielfältigungen durch die Gegend. Und die haben hier die Möglichkeit gegen eine relativ geringe Pauschale von 125 € ihre gesamte Festplatte legal zu bekommen und Rechtssicherheit zu bekommen. (Stephan Benn, Medienrechtsanwalt)

Für alle Kopien die nach dem ersten April angefertigt werden gilt: 50 Euro je 500 Songs oder pro Song 13 Cent gehen an die GEMA. Wenn ein DJ also nach dem ersten April eine CD für 15 Euro kauft, müsste er für die Vervielfältigung zusätzlich etwa einen Euro Lizenzgebühr an die GEMA bezahlen.

Die DJs protestieren

Soweit, so gut – nach Ansicht der GEMA. Doch die Club-DJs ärgern sich. Als Anfang März Details des Tarifes bekannt wurden, versammelten sich tausende DJs auf der Facebook-Seite der GEMA zum digitalen Protest.

Natürlich ist das ne Last die jeder Djs tragen müsste und die sich auch irgendwie gehört. Ich hab auch nichts dagegen Künstlern mehr Geld zu geben, wenn ich nur in Ansätzen wüsste, dass das Geld, was ich der GEMA gebe bei den Künstlern landet, die ich spiele, die es also eigentlich verdient haben. Dem ist aber nicht so, weil die nicht nachvollziehen könne was ich spiele. (Sascha Kösch aka BLEED, Herausgeber der Musikzeitschrift de:bug)

Die DJs bemängeln auch, dass der Tarif an der Arbeitspraxis eines Club-DJs vorbei gehe und den DJs durch ihre Arbeitsweise unnötige Kosten entstünden. Das Problem sei das Urheberrechtsgesetz, dass jede Vervielfältigung gleich behandle – ob es sich um die Arbeitskopie eines Djs handelt oder eine gewerbliche Musikcompilation. Mit Kopierprozessen könne man heutzutage so nicht mehr umgehen, sagt Sascha Kösch.

Ja es ist ne Vervielfältigung, aber im großen und ganzen sollte für die Tracks dann auch schon einmal GEMA geflossen sein. Im Zweifelsfall ist es aber ja so, dass man spätestens alle zwei Jahre alles neu lizensieren muss. Denn länger als zwei Jahre hält so’n Rechner nicht, wenn man mit dem auflegt.(Sascha Kösch, de:bug)

Das heißt: für jedes Back-Up, jeden USB-Stick, jede neue Festplatte wird wieder eine Lizensierungsgebühr von 125 Euro fällig – sobald der DJ sie zur öffentlichen Aufführung einsetzt. Aus einer einmaligen Zahlung wird so eine regelmäßige Abgabe.

Vertrauen ist gut – Kontrolle besser

Doch wie will die GEMA die DJs dazu bewegen, sich freiwillig bei der zu registrieren und die Lizenzgebühren zu zahlen? Wie will die GEMA herausfinden, ob der Club-DJ seine Musikdatenbank lizensiert hat?

Das ist in der Tat ein Problem. Wir wissen, dass wir etwas kontrollieren müssen. Wie Lenin schon schon gesagt hat: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Uns stehen ja lediglich derartige Kontrollrechte zu, wie sie beispielsweise ein Testkäufer hat. Und so müssen wir dann sehen, dass wir sowohl darüber hinausgehende Kontrollrechte noch verhandeln, als auch dann hinterher möglicherweise in die Einzellizenzverträge dieses Kontrollrecht einschreiben. (Uwe Dorn, GEMA)

Im Klartext: Die GEMA könnte zur Zeit nur verdeckte Ermittler in die Clubs zu schicken und so herauszufinden, wer mit digitaler Musik auflegt. Denn ein Durchsuchungsrecht hat die GEMA nicht. Deshalb wird überlegt in die Lizenzverträge ein Kontrollrecht für die GEMA mit aufzunehmen. Wer diesen Lizenzvertrag unterschreibt, die Gebühren entrichtet, würde der GEMA dann auch einen Einblick auf die eigene Festplatte ermöglichen. Zugespitzt hieße das für die DJs: Entweder sie legalisieren die Musikdatenbank und geben der GEMA freien Einblick in den Laptop, oder legen mit illegalen Musikkopien auf und verstoßen gegen das Urheberrecht. Und das kann böse Folgen haben:

Nach dem Urheberrechtsgesetz wird mir für Kopien die ich nicht lizensiere eine Haftstrafe von drei Jahren, im gewerblichen Umfang bis zu fünf Jahren angedroht.[…] Das hat aber nichts mit der GEMA zu tun, das hat die sich nicht ausgedacht, das steht im Urheberrechtsgesetz. (Rechtsanwalt Stephan Benn)

Bis jetzt allerdings weiß die GEMA noch nicht, wie sie ihren Tarif in die Tat umsetzen will – wie genau ein Lizenzvertrag aussehen wird, muss noch mit den Verbänden ausgearbeitet werden. Bis dahin hat die GEMA kein Mittel in der Hand um die DJs und ihre Festplatten zu überprüfen. Was also tun?

Wenn ich es ernst nehme, würde sich ändern, dass ich die Dateien anders kopiere, die ich bekomme. Wenn ich es nicht so ernst nehme, mache ich das so wie bislang und warte dann mal darauf, dass sich irgendjemand von der GEMA bei mir meldet, was ich bezweifle.“ (Sascha Kösch)

Am 02. April 2013 treffen sich Christian Goiny (Medienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus), Olaf Möller (Vorsitzender ClubCommission), Sascha Kösch aka Bleed (DJ und Herausgeber der de:bug) und Jan Kühn aka Fresh Meat (Dj & Soziologe des Berlin Mitte Instituts) zum Gespräch über den GEMA Tarif VR-Ö im Berliner M.I.K.Z. Ab 23:30 Uhr wird der Mitternachtstalk auf dienstagswelt live gestreamt.

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