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Warum sind Verschwörungsmythen im Rap so verbreitet?

Immer wieder fallen deutsche Rapper dadurch auf, dass sie Verschwörungsmythen verbreiten. Wieso ist ausgerechnet die Hip-Hop-Szene so empfänglich für diese Geschichten?

„Die Welt wird kontrolliert von Rosenkreuzern und Triaden / Mafioso Majorlabels, Militärs und Syndikaten“ – das rappte 1998 Prinz Porno im Deutschrap-Klassiker „Keine Liebe“. Der heute unter dem Namen Prinz Pi erfolgreiche Musiker war allerdings kein Illuminati-Gläubiger: „Keine Liebe“ zeigt zwar eine Faszination für Verschwörungserzählungen – allerdings macht sich der Rapper mit seinem fiktiven Ich-Erzähler nicht gemein. Das ist heute in vielen Fällen anders: Chemtrails, jüdische Milliardärsfamilien und der 11. September sind nur die drei beliebtesten Verschwörungstheorien, die im deutschen Rap kursieren – und von den Akteuren offenbar ernstgenommen werden.

Viele Rapper haben ein gesteigertes Interesse an Mythen und Märchen.

Jan Wehn, Journalist und Autor

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„Das Auge in der Ein-Dollar-Note“

Eigentlich geht es im Hip-Hop um soziale Gerechtigkeit: Die Kultur stammt aus den New Yorker Ghettos der 1970er und sollte schwarzen Jugendlichen ein Ventil für ihre Wut bieten und Sprachrohr ihrer Probleme sein. Hip-Hop sei das „CNN der Schwarzen„, so Public-Enemy-Rapper Chuck D.. Nicht die Mehrheit, aber auffällig viele Rapper aus Deutschland scheinen das derzeit etwas eigen zu interpretieren: Haftbefehl zum Beispiel raunte bis vor Kurzem von den vermeintlichen Machenschaften der Rothschild-Familie. Kollegah rappt in seinem Song „Armageddon“ von „geheimen Laboren“ unter der U-Bahn, von „Satellitensignalen“ im Handy und bezieht sich dabei auf antisemitische Erzählungen und Codes. Und vor allem in der aktuellen Corona-Pandemie geben Deutschrapper vermehrt verschwörerische Aussagen von sich oder teilen Content von bekannten Verschwörungstheoretikern.

Im Deutschrap wird diskutiert

Gerade deshalb wird in der Hip-Hop-Szene debattiert, wie man mit Verschwörungsgläubigen umgehen soll – und ab welchem Punkt es nicht mehr in Ordnung ist, ihnen in Interviews eine Bühne zu bieten.

Welche Mythen Deutschrapper inspirieren und warum die Szene so empfänglich für Verschwörungstheorien ist, darüber unterhält sich detektor.fm-Moderator Til Schäbitz mit Jan Wehn. Er ist Journalist und Autor des Buches „Könnt ihr uns hören? Eine Oral History des deutschen Rap“. Koljah von der Band Antilopen Gang erzählt von seinen eigenen Erfahrungen und reflektiert über die Lage im Deutschrap.

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