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Die Goldenen Zitronen: “Kein Hymnenlieferant für die CDU-Wahlparty”

Um heutzutage intelligent Gesellschaftskritik im Pop zu üben, bedarf es schon einiger Erfahrung. Nach fast 30 Jahren Bandgeschichte haben die Goldenen Zitronen darin in jedem Fall die nötige Übung. Jetzt ist ihr elftes Studioalbum „Who’s bad“ erschienen.

Reingehört: Die Goldenen Zitronen – Who’s bad 03:27

Who’s bad? – Wer ist hier eigentlich der Böse? Diese Frage stellen sich die Goldenen Zitronen auf ihrer neuen Platte. Wer bei dem Albumtitel an Michael Jackson denkt, der liegt gar nicht so falsch, sagt Zitronen-Bassist Ted Gaier.

Bei Plattentiteln ist es eigentlich am besten, wenn das so ein bisschen ambivalent ist. Natürlich ist die eine Referenz Michael Jackson und Who’s Bad. In unseren Texten wird ja oft benannt, wen man böse findet. Wir fanden es gut, das als Fragestellung zu nehmen, und dass man sich auch mal selber fragt, ob wir eigentlich so sicher sind, dass wir nicht die bösen sind. Das steckt alles drin für mich in dieser Idee für den Titel.

Elektrokrautrock und Sprechgesang

Auf Who’s Bad hat die Band wieder einige böse Dinge ausfindig gemacht: Gentrifizierung, Selbstausbeutung und Ausverkauf werden auf typische Zitronen-Art behandelt. Die dichten, teilweise auf Stichworte reduzierten Texte werden in einer Art Sprechgesang vorgetragen. Dazu gibt es Elektrokrautrock, Punk und von John Cale inspirierte Klaviercluster.

Inspiration durch andere Projekte

Die Bandmitglieder sind alle in verschiedenen Theater- und Musik-Projekten aktiv. Diese externen Einflüsse sind für die Zitronen sehr nützlich, findet Ted Gaier.

Die Zitronen profitieren davon, dass jeder von uns in anderen Projekten neue Eindrücke bekommt, die dann wieder verwertbar sind für die Zusammenarbeit von den Zitronen. Also wenn wir uns so alle drei Jahre an eine neue Platte machen, merkt man schon, dass immer wieder ein neuer Impuls kommt, den jeder so mitbringt aus seiner Praxis mit anderen Projekten.

Gegen Formelhaftigkeit

Die Einbeziehung neuer Einflüsse und ein gewisses Unbehagen gegenüber dem Mitschwimmen in der Masse hat die Band immer ausgezeichnet. Schon in ihren Anfangstagen in der Hamburger Punkszene stellen sie sich bewusst gegen die vorherrschende Ästhetik der Nietenarmbänder und Irokesenhaarschnitte. Auf ihren Konzerten tragen sie Schlafanzüge und Fransenjacken und singen boshafte, schlagerartige Texte. Dieser sogenannte Funpunk wird schnell zu einer Art Mainstream und die Zitronen zu einer Teenieband. Das ist ihnen gar nicht geheuer.

Wir hatten das Gefühl, dass das gar nicht unser Ding ist. Deswegen wurden wir relativ sensibel dafür, was man raussendet. Mit dieser Idee von Punk, wo man ja eh nicht darauf aus war, große Stadien zu erreichen. Man hat es eher geschätzt, dass man einen kleineren Wirkungsgrad hat, aber mit komplizierteren Codes arbeiten kann. Das war der Grund, warum wir immer versucht haben, uns upzudaten. Das unterscheidet uns vielleicht von anderen Bands aus der Generation, die dann so weitergemacht haben und als Hymnenlieferant für die CDU-Wahlparty enden.

Zum Mitgröhlen nicht geeignet

Formelhaft-gefühlduselige Mitgröhlhymnen wird man von den Zitronen glücklicherweise so bald nicht hören. Das nimmermüde Nörgeln am Puls der Zeit ist bei dieser Band die einzige berechenbare Konstante. Die Frage, wer nun also der Böse ist, haben sie immer noch nicht abschließend beantwortet. Die Goldenen Zitronen sind es jedenfalls nicht.

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