Nach Mubaraks Fast-Rücktritt: über alte und neue Toleranz zwischen den Religionen in Ägypten

Die Proteste gegen Mubarak vereinen religiöse Gruppen – doch wie belastbar ist diese interreligiöse Toleranz? Und wie lang wird sie halten?

Christian Meier 

In Ägypten gehen die Menschen nun seit knapp zwei Wochen auf die Straße, um gegen ein Regime zu demonstrieren, dass sie als unterdrückend empfinden. Und heute erklärte Mubaramk, er wolle den Ausnahmezustand aufheben, freie Wahlen ermöglichen und dann nicht noch einmal antreten. Sie sind am Ziel: die protestierenden Ägypter aller Konfessionen.

Neben der der immer wieder aufkommenden Gewalt gab es in den vergangenen Wochen immer wieder auch Momente, die man so nicht erwartet hätte: Religionsgruppen, die über Jahre Vorurteile und Abneigung gegeneinander pflegten, agierten Hand in Hand. Muslime schützten Christen, die auf offener Straße einen Gottesdienst abhalten. Christen schützten Muslime. Der Koran und das Kreuz werden nebeneinander in die Höhe gehalten.

Das verwundert, gelten die Christen doch als Anhänger Mubaraks, weil sie sich vor einem islamischen Gottesstaat fürchten. Und nicht vergessen werden darf die Muslimbruderschaft, die „große Unbekannte“ bei den aktuellen Unruhen in Ägypten. Die islamistische Organisation gilt als die größte Oppositionskraft in Ägypten und hat als Ziel eben jenen Gottestaat. Ist es also nur das gemeinsame Feindbild, dass die Religionen im Moment eint? Und wie belastbar ist diese Einigung, wie lang wird sie halten – jetzt, da das gemeinsame Feinbild bald keines keines mehr ist? Wir haben mit dem Islamwissenschaftler Christian Meier, dem Mitherausgeber der Zeitschrift „Zenith„, darüber gesprochen.