Bundestag verweigert Auskunft über Lobbyisten

Lobbyismus: lieber durch die Hintertür

Wer hat Zugang zum Deutschen Bundestag außer den Abgeordneten? Etwa 2.300 Lobbyisten. Die Hälfte der Auftraggeber sind unbekannt. Gegen diese Intransparenz hat Abgeordnetenwatch geklagt und Recht bekommen. Teilsweise. Die Union weigert sich weiter, die Namen preiszugeben.

Wer den Deutschen Bundestag besuchen will, muss sich vorher schriftlich anmelden und kommt um den Sicherheitscheck vor Ort nicht herum. Das kann schon mal eine Weile dauern. Inhaber eines Hausausweises hingegen kommen problemlos in die einzelnen Gebäude. Solch einen Hausausweis haben Abgeordnete, deren Mitarbeiter, Angestellte des Bundestages, einige Journalisten – und Lobbyisten.

Lobbyisten haben zwei Wege: einen öffentlichen und einen geheimen

Für sie gibt es zwei Wege, um an einen Hausausweis zu kommen: Entweder lassen sie sich auf der Lobbyliste des Bundestages öffentlich registrieren und stellen einen Antrag. Dort stehen zum Beispiel der ADAC, der Bundesverband der Deutschen Industrie oder die Arbeiterwohlfahrt. Oder sie haben Kontakte zum parlamentarischen Geschäftsführer einer Fraktion und stellen mit dessen Unterstützung einen Antrag auf einen Hausausweis. Nach der Genehmigung durch den Bundestagspräsidenten können sich die Lobbyisten dann frei im Bundestag bewegen. Wer sie sind, erfahren wir nicht.

Ist der Zugang zu den Abgeordneten fair verteilt oder profitieren insbesondere die, die viel Geld haben? Danach sieht es momentan aus. Das ist natürlich brandgefährlich, weil sich dadurch der Eindruck verfestigt, dass man sich Politik kaufen kann. – Georg Hackmack, beobachtet das Parlament auf abgeordnetenwatch.de

Transparenz eingeklagt

Dagegen hat der Verein Parlamentwatch im November 2014 geklagt. Er betreibt das Blog abgeordnetenwatch.de und hatte im April 2014 beim Bundestag vergeblich Auskunft über die Hausausweise verlangt, die mithilfe der parlamentarischen Geschäftsführer ausgestellt wurden. Das Berliner Verwaltungsgericht hat ihm im Juni 2015 Recht gegeben. Denn: Nach dem Informationsfreiheitsgesetz sind Behörden zur Auskunft verpflichtet. Der Bundestag ist allerdings sowohl Parlament als auch Behörde. Wenn die Auskunft zum Beispiel Persönlichkeitsrechte verletzt oder die Parlamentarier in ihrer Mandatsausübung behindert, ist er nicht auskunftspflichtig. Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisprozedur aber als Verwaltungstätigkeit eingestuft und damit die Auskunftspflicht des Bundestages bestätigt.

Parteipolitische Interessen

Ganz frei von Parteipolitik ist diese Angelegenheit aber nicht. Die Fraktionen der Linken und der Grünen hatten auf die Anfrage von abgeordnetenwatch.de im Juni 2014 veröffentlicht, wem sie über ihre Geschäftsführerinnen Zugang zum Bundestag gewährt haben. SPD und CDU/CSU hingegen hatten die Auskunft mit Verweis auf den Datenschutz verweigert und nach dem Gerichtsurteil mit ihren Stimmen im Ältestenrat des Bundestages beschlossen, in Berufung zu gehen. Mittlerweile hat auch die SPD ihre Daten offengelegt. Ein Blick in die SPD-Liste zeigt, die meisten Hausausweise gingen an Parteivorstände, die Friedrich-Ebert-Stiftung und den Deutschen Gewerkschaftsbund, insgesamt 128 von 218 Ausweise. Im einstelligen Bereich finden sich dann neben RWE und Rheinmetall auch das Ökoinstitut, die Max-Planck-Gesellschaft und eine Kleinkindbetreuerin.

Im Interview mit detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser erklärt der Vorsitzende von abgeordnetenwatch.de, Gregor Hackmack, wer warum ein Interesse an der Identität der Lobbyisten hat.

Wenn man sich die Listen anguckt, insbesondere die der SPD, dann liest sich das wie das Who-is-Who der deutschen Großkonzerne.Gregor Hackmack 

Redaktion: Caroline Bauer