detectiv – die Recherche-Serie: der Spirit of Gezi und die Protestkultur in der Türkei

Was wurde aus dem Spirit of Gezi?

Recep Erdogans autoritärer Regierungsstil steht in der Kritik. Schon 2013 entzündete sich an Umbauplänen für den Gezi-Park eine symbolträchtige Protestbewegung. Ist von Spirit of Gezi noch etwas übrig? Der Journalist Felix Huesmann auf Spurensuche.

Die Ereignisse von Gezi-Park

Im Jahre 2013 sollte der Gezi-Park, eine Grünfläche im Herzen Istanbuls, einem Einkaufszentrum weichen. Die Bebauungspläne gehörten zu einem größeren Konzept für die Stadt, das schon im Vorfeld Unmut erregt hatte. Als das kleine Stückchen Natur am Taksim-Platz weichen sollte, demonstrierten Umweltschützer. Um das Abholzen des Parks zu verhindern, besetzten sie den Park. Daraufhin wurden ihre Camps von der Polizei gewaltsam geräumt. Der unverhältnismäßige Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas gegen die Aktivisten sorgte auch international für Entsetzen.

Die Bevölkerung solidarisierte sich mit den Aktivisten. Ihrem Protest schlossen sich bald Menschen aus jedem Teil der türkischen Gesellschaft an: Liberale, Anarchisten, Kurden, Fußballfans, gemäßigte Nationalisten und die LGBT-Community. Sie alle demonstrierten Seite an Seite gegen die autoritäre Politik des türkischen Staatschefs Recep Erdogan. Die Situation eskalierte. Schwere Ausschreitungen entbrannten in Istanbul und griffen wenig später auch auf andere türkische Städte über. Während der Proteste wurden mehrere tausend Menschen verletzt, es gab sogar Tote.

Spirit of Gezi

Auch nach dem Abklingen der Demonstrationen und Ausschreitungen waren die Gezi-Proteste nicht vorbei. Eine revolutionäre Stimmung lebte in den Köpfen der Teilnehmer und derer, die sich mit ihnen solidarisiert hatten. Das gemeinsame Feindbild – Präsident Recep Erdogan – und der Druck durch die Behörden hatte sie zusammengeschweißt. Dadurch wurde der Spirit of Gezi für viele zur Triebfeder, sich politisch zu engagieren.

Die Ernüchterung

Trotz der Ereignisse blieb die Politik des Staatschefs unversöhnlich und autoritär. Die Pressefreiheit wurde zunehmend eingeschränkt und 2016 verkündete Recep Erdogan sogar neue Baupläne für den Gezi-Park. Zu einer Neuauflage der Proteste kam es allerdings nicht. Im selben Jahr scheiterte schließlich ein Putschversuch von Teilen des türkischen Militärs gegen die eigene Regierung. Seither wird offener denn je gegen Regierungsgegner und Oppositionelle im Land vorgegangen.

Der freie Journalist Felix Huesmann machte sich auf den Weg in die Türkei, um zu recherchieren, was aus dem Spirit of Gezi seit dem Ende der Proteste wurde. Was er dabei herausfand, berichtet er detektor.fm-Moderatorin Carina Fron im Interview.

Die Leute glauben nicht mehr an Wandel durch friedliche Proteste.Felix Huesmann 

Redaktion: Alexander Goll


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