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Ein Wahlplakat der Schweizerischen Volkspartei im französischsprachigen Teil der Schweiz zur Volksabstimmung im Jahr 2010. Auch damals ging es schon um die Ausweisung krimineller Ausländer. Mit der Durchsetzungsinitiative sollen Ausländern nun auch bei Bagatelldelikten ausgewiesen werden können. Foto: Poster produced by the right-wing Swiss People’s Party promoting the expulsion of foreign criminals | CC BY 2.0 | Richard Allaway | flickr.com

Durchsetzungsinitiative in der Schweiz

Kommt die Zwei-Klassen-Justiz in die Schweiz?

Die Schweizer entscheiden in einer Volksabstimmung, ob Ausländer bereits für Bagatelldelikte abgeschoben werden sollen. Sollte die Durchsetzungsinitiative tatsächlich Erfolg haben, könnte das Land vor einer Revolution seiner Rechtsordnung stehen.

Die Schweizer Eidgenossen sollen bei der ersten Volksabstimmung des Jahres 2016 über die Sanierung des Gotthard-Tunnels, die Initiative gegen die Heiratsstrafe und die Initiative gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln abstimmen. Beherrschendes Thema des Urnengangs ist allerdings ein anderes: die sogenannte Durchsetzungsinitiative.

Durchsetzungsinitiative polarisiert

Die Schweizerische Volkspartei SVP verlangt darin, dass kriminelle Ausländerinnen und Ausländer schon für Bagatelldelikte ausgewiesen werden. Bereits im Jahr 2010 hatten sich die Schweizer auf die Ausweisung von Ausländern bei Straftaten wie Mord, Vergewaltigung oder Drogenhandel verständigt. Nach langen Verhandlungen hatte das Parlament deshalb im März 2015 eine Umsetzungsvorlage verabschiedet. Der SVP ist die jedoch nicht weit genug gegangen, sodass die Partei nun die Durchsetzungsinitiative lancierte.

Rechtsstaat in Gefahr?

Sollte die Initiative Erfolg haben, wäre davon rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung betroffen. Es wird damit gerechnet, dass pro Jahr bis zu 10.000 Menschen das Land verlassen müssten. Denn im Text, der in der Verfassung verankert werden soll, werden bereits Bagatelldelikte angeführt.

Die Ausländer wären alle betroffen. Das sind etwa zwei Millionen. – Matthias Daum, Büroleiter im Ressort Schweiz-Seiten bei der Wochenzeitung Die Zeit

Das Gesetz soll später automatisch zur Anwendung kommen. Einzige Ausnahmen würden Härtefälle bilden, etwa in entschuldbarem Notstand. Die Richter in der Schweiz hätten dadurch keinen großen Ermessensspielraum mehr.

Erfolg gilt mittlerweile als unwahrscheinlich

Je näher der Abstimmungstermin rückt, desto stärker wird aber der Widerstand innerhalb der Schweizer Bevölkerung. Vor allem junge Menschen sowie 150 Jura-Professoren und viele Prominente stellen sich nun öffentlich gegen die Pläne der SVP. Sie sehen den Rechtsstaat gefährdet und befürchten eine Zwei-Klassen-Justiz.

In der Regel ist es so, dass in der Schweiz Volksinitiativen mit einer hohen Zustimmungsrate starten und dann nach und nach, wenn auch die Gegenkampagne lanciert wird, an Zustimmung verlieren. – Matthias Daum von der ZEIT

Auch die Schweizer Wirtschaft erhöht den Druck vor der Volksabstimmung. Die Initiative steht im Widerspruch zu einigen geltenden internationalen Verträgen wie dem Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Union. Würde sie angenommen, müssten die Unternehmen große finanzielle Einbußen befürchten, wenn sich das Verhältnis mit den EU-Staaten verschlechtert.

Über die Durchsetzungsinitiative in der Schweiz und ihre möglichen Folgen hat detektor.fm-Moderatorin Karolin Döhne mit Matthias Daum gesprochen. Er ist Büroleiter im Ressort Schweiz-Seiten bei der Wochenzeitung Die Zeit.

Matthias Daum - ist Büroleiter im Ressort Schweiz-Seiten bei der Wochenzeitung Die Zeit. Foto: HeppFotografie

ist Büroleiter im Ressort Schweiz-Seiten bei der Wochenzeitung Die Zeit. Foto: HeppFotografie
Wenn jetzt diese Durchsetzungsinitiative auch noch angenommen wird, dann gibt es noch mal zusätzliche Probleme.Matthias Daum
Volksabstimmung zur Durchsetzungsinitiative in der Schweiz 03:57

Redaktion: Matthias Stiebing

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