Erste Bundestagssitzung nach der Wahl

Mehr Debatten, mehr Demokratie

Streitereien um die Sitzordnung und Diskussionen um die Bundestags-Vizepräsidenten: Die konstituierende Sitzung des neuen Bundestages am Dienstag wurde schon im Vorfeld mit Spannung erwartet. Wir werfen einen Blick nach Berlin.

Erste Bundestagssitzung: Es geht wieder los …

Der neue Bundestag ist am Dienstag zu seiner ersten Sitzung zusammengekommen. Für gewöhnlich ist die konstituierende Bundestagssitzung kein besonders großer Aufreger. Nach der turbulenten Bundestagswahl jedoch sehen die Dinge ein wenig anders aus.

Denn statt bisher vier Fraktionen von Union, SPD, Linken und Grünen, sitzen nun sechs Fraktionen im Parlament. Schließlich zieht neben der zurückgekehrten FDP erstmals auch die rechtspopulistische Alternative für Deutschland ins Parlament ein.

Wolfgang Schäuble hat zu einer gemeinsamen parlamentarischen Kultur aufgerufen. […] Er hat schon versucht, den Neuen von der AfD die Spielregeln klar zu machen, aber gleichzeitig betont, dass als Abgeordnete alle dieselben Rechte und Pflichten haben. – Stefan Kuzmany, Leiter des Hauptstadtbüros von Spiegel Online

Die Wahl des langjährigen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) zum neuen Präsidenten verlief wie erwartet. Die Wahl der Vize-Präsidenten hingegen gestaltete sich eher problematisch. Denn der Nominierte der AfD, Albrecht Glaser, will Muslimen die im Grundgesetz festgelegte Religionsfreiheit verwähren. Wie von vornherein aus Reihen aller anderen Fraktionen zu vernehmen war, stimmten die meisten gegen Glaser. Deshalb stellt die AfD vorläufig keinen eigenen Vize-Präsidenten.

Mehr Debatte, mehr Demokratie

In den letzten Jahren kam es vielen so vor, als ob die Unterschiede zwischen SPD und Union immer weiter schwinden würden. Nun könnte sich das ändern. Denn in der Rolle der Oppositionspartei könnten die Sozialdemokraten laut Spiegel-Redakteur Kuzmany wieder deutlicher zeigen, wo die Grenzen zwischen den beiden ehemaligen Koalitionspartnern lägen.

Außerdem forderte Schäuble, den Bundestag wieder mehr als Mittelpunkt der demokratischen Auseinandersetzung zu begreifen.

Alle haben quer durch die Fraktionen angemahnt, dass der Bundestag wieder mehr zum Zentrum der politischen Auseinandersetzungen in diesem Land werden muss, als er das in den letzten Jahren gewesen ist. Dass man weniger in Talk-Shows und sozialen Medien streiten sollte, sondern dort im Parlament, und dass die Menschen das auch mitkriegen sollen. Stefan Kuzmany

Über die konstituierende Sitzung hat detektor.fm-Moderator Eric Mickan mit Stefan Kuzmany gesprochen. Er leitet das Hauptstadtbüro von Spiegel Online.

Keine Debatten und einfach effizient durchregieren […], das war ja das, was wir in den letzten Jahren erlebt haben. Wenn sich das ändert, denke ich, interessieren sich auch wieder mehr Menschen für die Politik und fühlen sich eben nicht davon ausgeschlossen.Stefan Kuzmany 

Redaktion: Julia Rosner