Europas Mitte | Medien in Tschechien

Das Ende unabhängiger Medien?

Andrej Babiš ist tschechischer Ministerpräsident, milliardenschwerer Unternehmer – und mittlerweile auch Medienmogul. Die Medien in Tschechien befinden sich seitdem auf dem Prüfstand.

Ein ehrlicher Kerl?

Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš ist unscheinbar. Und anders als ein Silvio Berlusconi oder Donald Trump, mit denen Babiš immer wieder verglichen wird, gibt er sich deutlich bedachter. Dass Andrej Babiš trotz anhaltender Korruptionsvorwürfe das Image eines fleißigen Saubermanns hat, mag dabei viele Gründe haben. Einer davon dürfte sein, dass Babiš seit 2013 Besitzer des Medienkonzerns Mafra ist. Unter dem Dach des Konzerns sammeln sich ein paar der größten Zeitungen des Landes.

Babis und die Medien

Seither haben sich die Medien in Tschechien verändert. Das weiß auch Kateřina Šafaříková. Zum Zeitpunkt der Übernahme hat sie bei der Zeitung Lidové noviny gearbeitet, eine der größten Tageszeitungen, die heute Andrej Babiš gehören. Damals haben viele ihrer Kollegen gekündigt. Zu groß sei die Angst gewesen, unter dem neuen Inhaber nicht mehr frei arbeiten zu können. Kateřina Šafaříková ist geblieben – vorerst.

Irgendwann habe ich herausgefunden, dass ein Kollege gleichzeitig als Berater für Andrej Babis arbeitet. Als ich das dem Chefredakteur erzählt habe, meinte der nur, ich solle nicht so hysterisch sein. Da habe ich gekündigt und bin gegangen. – Katerina Safarikova, Journalistin

Polen, Ungarn – Tschechien

Diese Entwicklung weckt Assoziationen zur Lage in Polen oder Ungarn. In Polen hat die regierende PiS-Partei durch eine umstrittene Medienreform öffentliche Medien eingeschränkt. In Ungarn wiederum hat Viktor Orbán durch seine Einflussnahme die Rolle der Medien geschwächt.

Dass es öffentlichen Medien in Tschechien ähnlich gehen könnte, hält Kateřina Šafaříková nicht für ausgeschlossen. Allerdings gebe es einen entscheidenden Unterschied. Andrej Babiš nutze Medien zwar als Werkzeug für seine Zwecke. Er sei allerdings keiner, der eine Ideologie verfolge. Dennoch sei die Situation der Medien beunruhigend.

Es wird immer schwerer, für traditionelle Medien zu arbeiten. Das goldene Zeitalter der unabhängigen Medien in Tschechien ist jedenfalls vorbei. – Katerina Safarikova

Wie steht es um die Medien in Tschechien? detektor.fm-Reporter Lars-Hendrik Setz hat in Prag nach Antworten gesucht.


In „Europas Mitte“ reist Lars-Hendrik Setz durch die Visegrád-Länder. Im Podcast sammeln wir alle Episoden. Alle Folgen gibt es auch direkt bei Apple PodcastsDeezer und Spotify.

Redaktion