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Vor dieser Kulisse schütteln sich Staatschefs, Regierungsvertreter und Co beim obligatorischen Foto-Termin die Hände. Foto: Max Heeke

Europawahl-Spezial | Teil 2

Wie regiert Europa?

„Die machen, was sie wollen, in Brüssel!“ – Eine ist oft gehörte Phrase, wenn in der EU ein neues Gesetz verabschiedet wird. Doch wer entscheidet da überhaupt? Das wollen wir klären.

Verwaltungsmoloch EU?

Die EU ist ein schwerfälliger, aufgeblähter und undemokratischer Verwaltungsapparat – kaum geht es um Europa, kommt genau dieser Vorwurf auch schon auf den Tisch. Doch stimmt das?

Wir wollen im zweiten Teil unserer Serie ‚Wie, Europa?‘ klären, wie die Europäische Union regiert.

detektor.fm-Reporter Max Heeke wirft einen Blick auf das komplexe Geflecht der Europäischen Union. Doch bevor wir darüber reden, wie in der EU Gesetze entstehen – hier ein schneller Überblick über die wichtigsten Institutionen der EU:

Wie, Europa? Themenschwerpunkt zur Europawahl Teil II – Wie regiert Europa? – Die Institutionen 02:56

Wie sieht das dann aber aus, wenn all diese Institutionen zusammenarbeiten? Wo entsteht ein Gesetz, wer kann was auf den Weg bringen?

Das klären wir im zweiten Teil unseres heutigen Europa-Spezials.

Wie, Europa? Themenschwerpunkt zur Europawahl Teil II Wie regiert Europa? – Ein Gesetz entsteht 06:34

Günther Oettinger (CDU) - ist seit Februar 2010 EU-Kommissar für Energiepolitik. Vorher war er Ministerpräsident von Baden-Württemberg.

ist seit Februar 2010 EU-Kommissar für Energiepolitik. Vorher war er Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Ihre Fragen an Europa? Her damit!
Wir fragen nach Europa – und wir fragen Sie: welche Fragen haben Sie an Europa und die Europa-Politiker? Lassen Sie es uns wissen:
– per Mail an kontakt@detektor.fm
– als Kommentar unter diesem Artikel
– via Facebook oder Twitter
Wir sammeln alle Fragen – und im letzten Teil der Serie steht uns und Ihnen EU-Kommissar Günther Oettinger Rede und Antwort.
Günther Oettinger (CDU)

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„Wie, Europa?“

Die Serie zur Europa-Wahl.

Im April und Mai auf detektor.fm.

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Mit freundlicher Unterstützung

der Europäischen Kommission.

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Wie entsteht ein Gesetz? – Das Skript zum Nachlesen

Ein aktuelles Beispiel für europäische Gesetzgebung ist die Datenschutzgrundverordnung. Europas Gesetze für Datenschutz stammen aus den 90ern und sind den aktuellen Entwicklungen dementsprechend weit hinterher.

Viviane Reding - ist Kommissarin aus Luxemburg. Foto: © EP - Audiovisual Services for Media

ist Kommissarin aus Luxemburg. Foto: © EP – Audiovisual Services for Media
Viviane Reding

Die neue Regelung soll den Datenschutz verbessern. Viviane Reding ist die zuständige EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft.

 In einer Erklärung vor dem Parlament schildert sie, wie der Weg zu diesem europäischen Gesetz geebnet wurde:

In May 2011 this house called for a reform of the european’s data protection rules, the commission delivered the proposals requested by the parliament in January 2011. – Viviane Reding

Die Vorschläge gehen an das europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union.

Jan Philipp Albrecht - ist jüngster Deutscher EU-Parlamentarier. Foto: Max Heeke

ist jüngster Deutscher EU-Parlamentarier. Foto: Max Heeke
Jan Philipp Albrecht

Das Europäische Parlament befasst sich in einer ersten Lesung mit dem Vorschlag und kann Änderungen und Erweiterungen formulieren. Für jeden Gesetzesvorschlag gibt es im Parlament Verhandlungsführer, die die verschiedenen Forderungen sammeln und sortieren, Kompromisse suchen und die Position des Parlaments ausarbeiten.

 Im Fall der Datenschutzverordnung ist das der Grünen-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht:

Also konkret wird diese Verordnung vorsehen, das also bestimmte individuelle Rechte, Rechte auf Auskunft, Information und Löschung, das die eben europaweit einheitlich formuliert sind, dass ich meine eigene Datenschutzbehörden anfragen kann, gegenüber allen Unternehmen auf dem europäischen Markt, solche Rechte durchzusetzen. Weil aber die Unternehmen in unterschiedlichen Ländern sitzen, haben wir es jetzt so gemacht, dass alle EU-Datenschutzbehörden, also die Behörden aller Länder, zusammenarbeiten müssen und sich gegenseitig im Auftrag ihrer Bürger zwingen und verklagen können, so dass am Ende immer ein einheitlicher Standard duchgesetzt wird. Jan Philipp Albrecht

Unter Albrechts Federführung werden zahlreiche Änderungen eingebracht, der das Parlament im März diesen Jahres mit großer Mehrheit zustimmt.  Der überarbeitete Vorschlag geht zurück an die Kommission. Diese übernimmt die Änderungen und legt sie dem Rat der Europäischen Union vor.

Reinhard Hönighaus - ist Sprecher der Kommission in Deutschland. Foto: © R. Hönighaus

ist Sprecher der Kommission in Deutschland. Foto: © R. Hönighaus
Reinhard Hönighaus

Der ist noch zu keiner Einigung gekommen, so Reinhard Hönighaus, Sprecher der Kommission in Deutschland:

Der Rat, das sind die Vertreter der Mitgliedsstaaten, in diesem Fall der Innenminister Thomas de Maizière. Im Ministerrat hängt das Gesetz noch fest und wir warten darauf, das der Ministerrat zustimmt. – Reinhard Hönighaus

Die Fachminister der Mitgliedsstaaten können nun ihrerseits Änderungen einbringen. Dann geht der Vorschlag zurück zur Kommission und zum Parlament. So kann sich ein Gesetzesvorhaben in der EU ziemlich in die Länge ziehen, und, wenn keine Einigung möglich ist, auch scheitern.

Der Ministerrat kann den Änderungen des Parlaments aber auch einfach zustimmen, dann ist aus dem anfänglichen Vorschlag ein Gesetz geworden. Wenn die neue Datenschutzverordnung dann zukünftig gilt, werden Bürgerinnen und Bürger das schnell merken, glaubt Jan Philipp Albrecht:

Wenn die neue Datenschutzverordnung kommt, dann werden wir das mit Sicherheit sehen, denn wir haben zum Beispiel festgelegt, das nicht mehr super komplizierte Datenschutzbedingungen nur angezeigt werden, sondern das es ein paar leicht verständliche Symbole gibt, die mir zeigen: Was passiert eigentlich mit meinen Daten, wenn ich hier irgendwo ok klicke, wenn ich hier also mich anmelde. Und ich glaube, dass ist für viele erst einmal eine große Erleichterung. – Jan Philipp Albrecht

Die Europäische Union steht allerdings in einem Spannungsverhältnis. Das zeigt sich schon am Aufbau der Institutionen:

Peter Riesbeck - schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung. Foto: Max Heeke

schreibt unter anderem für die Berliner Zeitung. Foto: Max Heeke
Peter Riesbeck

Die Kommission und das Parlament sind rein europäisch ausgerichtet: Sie sollen sich nur um gesamteuropäische Belange kümmern. Der Rat der Europäischen Union und der Europäische Rat bestehen dagegen aus Vertretern der Mitgliedsstaaten. Wie sehr Europa und Mitgliedsstaaten manchmal im Konflikt stehen, weiß der Journalist Peter Riesbeck. Er arbeitet seit 2012 als Korrespondent in Brüssel:

Im Machtgefüge der Europäischen Union sieht es so aus, dass der Rat also die Vertretung der Mitgliedsstaaten doch das entscheidende Gremium ist. Man konnte das beobachten im vergangenen Herbst, da ging es um Abgasgrenzwerte für Autos. Eigentlich war die Regelung auch klar, also abgestimmt zwischen Kommission, Parlament und Mitgliedsstaaten und vor der entscheidenden Abstimmung im Rat gab es diverse Anrufe aus dem Kanzleramt und die Abstimmung wurde vertagt. Dann wurde noch mal nachverhandelt und die Abgaswerte noch mal angepasst an die Wünsche zweier Autohersteller aus Deutschland, die etwas größere Autos produzieren. Da sieht man schon, dass das entscheidende Machtzentrum beim Rat liegt. – Peter Riesbeck

Ganz so pessimistisch muss man das Machtgefüge der EU dennoch nicht sehen. So erwies sich vor allem das Parlament als tatkräftiger Akteur: Es entschied sich gegen das umstrittene Urheberrechtsabkommen Acta, votierte für eine Bankenunion, um Steuerzahler bei möglichen Finanzkrisen zu entlasten, und hat eine entscheidende Rolle beim einheitlichen europäischen Datenschutz.

Generell basieren Gesetze der Union auf Kompromissen. Und, egal ob man die EU kritisiert oder wertschätzt, eines muss man ihr zugestehen: sie ist eine ziemlich effiziente Verwaltung. 55.000 Menschen arbeiten in den drei großen Institutionen für die Belange von rund 500 Millionen Europäern. Kostenpunkt: rund 8 Milliarden Euro im Jahr. Allein in Deutschland lagen die Personalkosten für Staatsbedienstete zuletzt beim Dreifachen.

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