Laufen statt Knast: Fahrverbot als Strafe?

Kein Unterhalt, kein Auto

Wenn es nach dem Willen von Justizminister Heiko Maas geht, können Richter Straftäter schon bald mit einem Fahrverbot bestrafen. Das Vorhaben steht sogar im Koalitionsvertrag. Doch Experten sind geteilter Meinung über die Sinnhaftigkeit der Pläne.

680 Euro Bußgeld und zwei Punkte in Flensburg. Das ist die Strafe für jemanden, der mehr als 70 km/h zu schnell in der Stadt unterwegs ist. Dass es Leute gibt, die den Strafzettel gleich aus der Portokasse hinblättern können, ist klar. Damit diesen Menschen die Strafe trotzdem wehtut, gibt es noch ein Fahrverbot obendrauf. Das soll die Täter empfindlicher treffen als das Bußgeld. Bis zu drei Monate müssen sie den Führerschein abgeben.

Gerade bei wohlhabenden Tätern könnte das Fahrverbot also wirksamer sein als eine Geldstrafe. Auch für junge Leute könnte der Führerscheinentzug abschreckend wirken, denn das Autofahren sei für sie oft ein Statussymbol, sagte Stefan Meyer von der CSU.

Wenn es nach Justizminister Heiko Maas und dem Koalitionsvertrag geht, soll das Fahrverbot deshalb auch in Bereichen angewendet werden, die mit dem Autofahren eigentlich nichts zu tun haben.

Kein Unterhalt? Führerschein weg!

Sigmar Gabriel schlägt auch schon ein Gebiet vor, in dem das Fahrverbot künftig angewendet werden könnte: das Familienrecht. „Es ist ein Skandal, dass drei Viertel der Kinder alleinerziehender Mütter keinen oder zu geringen Unterhalt vom Kindesvater bekommen. Da muss sich dringend etwas ändern“, sagte er der Bild. Wer den Unterhalt für seine Kinder nicht zahlt, soll deshalb in Zukunft die Fahrerlaubnis für ein paar Monate entzogen bekommen.

Unterstützung bekommt er von Familienministerin Manuela Schwesig: „Wer das Geld für ein Auto hat in Deutschland, der muss auch das Geld für sein Kind haben“, sagte sie. Noch in diesem Jahr soll ein passendes Gesetz entworfen werden.

Fahrverbot kann zu Kündigung führen

Von der Idee sind aber nicht alle begeistert. „Wer Geld hat, leistet sich ein Taxi oder lässt sich etwas anderes einfallen“, kritisierte der ADAC. So würde die Strafe gar nicht die treffen, auf die sie ausgerichtet ist. Und wer auf dem Land lebt, ist auf ein Auto viel mehr angewiesen als ein Städter, der das Nahverkehrsnetz nutzen kann, kritisieren Experten:

Ich sehe hier ein ethisches Problem, da es zu einer Ungleichbehandlung der Betroffenen kommen würde. – York Hoffmann, Verkehrsanwalt in der Kanzlei Henry Bach

Auch Pendler und professionelle Fahrer wären von einem Fahrverbot besonders hart betroffen. Es könnte für sie bedeuten, dass sie ihrem Beruf nicht mehr nachgehen können. Für Fälle wie diese gibt es allerdings auch jetzt schon Ausnahmeregelungen.

Wenn der Arbeitgeber bestätigt, dass er dem Täter im Falle eines Fahrverbots kündigen würde, wird es beim Bußgeld bleiben. Denn wer seinen Job verliert, kann danach erst Recht keinen Unterhalt mehr zahlen. Das Strafmaß müsste also individuell berechnet werden, damit es fair bleibt.

detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser hat mit dem Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg darüber gesprochen, wie sinnvoll ein Fahrverbot ist.

Lassen Sie uns lieber überlegen, wie wir in diesen Fällen konsequenter die soziale Arbeit fördern und tatsächlich auch einen Beitrag für die Gemeinschaft generieren können. Denn bei der Tatsache, dass jemand nicht fahren darf, hat ja die Gemeinschaft auch nichts davon.Ulrich Schellenberg 

Redaktion: Paula Amy Wittenberg

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