Flüchtlingsgipfel | Verbände und Kommunen ausgeladen

„Das kann sich die Bundesregierung auf Dauer nicht leisten“

Beim heutigen Flüchtlingsgipfel wollen Vertreter von Bund und Ländern über Probleme der deutschen Flüchtlingspolitik sprechen. Wer bei diesem Treffen fehlt: die, die „nah dran“ sind. Vertreter der Städte, Kommunen und Wohlfahrtsverbände wurden nicht eingeladen. Was kann so ein Gipfel bewirken?

In der Politik sind runde Tische beliebt. Sie regen zum Diskurs an, klären offene Fragen und sollen Probleme lösen. Doch häufig sitzen dort große Namen, die mit dem Kern des Problems bestenfalls theoretisch vertraut sind. So auch beim heutigen Flüchtlingsgipfel in Berlin, glaubt man den Stimmen der Kritiker.

Diese bemängeln, dass beim Flüchtlingsgipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel lediglich Kabinettsmitglieder und acht Ministerpräsidenten der Bundesländer eingeladen sind, um über die Probleme der Flüchtlingspolitik Deutschlands zu sprechen. Wer fehlt, das sind Vertreter der Städte, Kommunen und Wohlfahrtsverbände. Also jene, die die Ängste von Flüchtlingen und deren derzeitige Unterbringungssituation am ehesten kennen.

Steigende Flüchtlingszahlen

Im vergangenen Jahr stellten rund 200.000 Menschen einen Asylantrag in Deutschland. Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge könnten es in diesem Jahr sogar doppelt so viele werden. Wenige von ihnen erhalten das Recht, in Deutschland zu bleiben.

Doch bis die Entscheidung für oder gegen eine Abschiebung gefallen ist, vergehen häufig Monate. Eine Zeit, in der Flüchtlingen und ihren Familien nichts anderes übrig bleibt, als in einem Flüchtlingsheim zu warten.

Nur wenige von ihnen haben während der Wartezeit das Glück, in einer privaten Wohnung, sogenannten dezentralen Unterbringungen, unterzukommen. Die meisten Flüchtlinge müssen sich den Platz der staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte teilen. Und der wird immer knapper.

Überforderte Städte und Kommunen

Die steigenden Flüchtlingszahlen belasten zunehmend die Städte und Kommunen. Viele Füchtlingsunterkünfte in Deutschland sind zu klein und in einem desolaten Zustand. Doch den Städten und Kommunen fehlt das Geld, um daran etwas zu ändern. Zwar sicherte ihnen der Bund eine Milliarde Euro für die Versorgung von Flüchtlingen zu, doch schon jetzt ist absehbar, dass dieses Geld nicht ausreicht. Auch müssen die Länder innerhalb der nächsten 20 Jahre die Hälfte des Geldes wieder zurückzahlen.

Erste Erfolge?

Um das Asylverfahren zukünftig zu beschleunigen, will laut Zeit Online Bundesinnenminister Thomas de Maizière knapp 2.000 neue Stellen schaffen. Das verkündete der CDU-Politiker schon kurz nach dem Ende des Flüchtlingsgipfels. Ob diese Maßnahme allein ausreicht, um den Druck von Städten und Kommunen zu nehmen, ist fragwürdig.

Über den Flüchtlingsgipfel in Berlin, die Kritik an der Auswahl der Gäste und die Frage, welche Chancen die Veranstaltung für die deutsche Flüchtlingspolitik bieten könnte, hat detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt mit Bernd Mesovic gesprochen. Er ist stellvertretender Geschäftsführer von Pro Asyl und beschäftigt sich mit der Sitution von Flüchtlingen in ihren Herkunftsländern.

Man kann ja hoffen, wenn geredet wird, dann wird auch vielleicht etwas dabei herauskommen. Nur man muss befrüchten, wenn man sieht, dass die Bundesländer, die am noch ehesten zu den Kritikern der bestehenden Asylpolitik gehören, überwiegend nicht dabei sind, es zu einer Art Verkündungstermin der Regierungskoalition kommt.Bernd MesovicPro Asyl 
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Redaktion: Marie-Kristin Landes

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