Ist das gerecht? | Neutralitätspflicht von Regierungsmitgliedern

BVerfG verhandelt AfD-Klage gegen Merkel

Wie weit reicht die Neutralitätspflicht von Regierungsmitgliedern? Das verhandelt das Bundesverfassungsgericht nun erneut. Grund dafür sind Merkels Äußerungen nach der Kemmerich-Wahl in Thüringen.

Selten hat man sich so für die Wahl eines thüringischen Ministerpräsidenten interessiert wie am 5. Februar 2020. Da nämlich wird der FDP-Kandidat Thomas Kemmerich zum neuen Ministerpräsidenten gewählt, der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow zieht den Kürzeren. Ausschlaggebend sind damals vor allem die Stimmen der AfD-Fraktion gewesen. Und weil das so gewesen ist, wurde die Wahl nicht nur in Deutschland, sondern sogar international wahrgenommen und diskutiert.

Merkel: Wahl sei „unverzeihlich“

Der Ruhm Kemmerichs hielt nur kurz an. Schon drei Tage nach seiner Wahl trat der Liberale nach starken Protesten wieder von seinem Amt zurück, kurze Zeit später übernahm Bodo Ramelow wieder das Amt. Kritik kam damals auch von Politikern und Politikerinnen. FDP-Chef Christian Lindner forderte seinen Parteikollegen nach einigem Zögern zum Rücktritt auf, die damalige CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer kritisierte die Thüringer Fraktion, sich überhaupt auf eine gemeinsame Wahl mit der AfD eingelassen zu haben. Und nicht zuletzt meldete sich Merkel, die gerade durch Südafrika tourte und die Wahl Kemmerichs als „unverzeihlich“ bezeichnete.

Das durfte sie so nicht unbedingt sagen.

Dr. Achim Doerfer

Genau mit dieser Wortwahl beschäftigt sich am morgigen Mittwoch das Bundesverfassungsgericht. Hat Merkel ihre Neutralitätspflicht als Regierungsmitglied verletzt? Genau das wirft ihr die AfD vor, die deshalb in Karlsruhe geklagt hat. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Richterinnen und Richter am obersten deutschen Verfassungsgericht mit der Frage beschäftigen müssen, ob Regierungsmitglieder ihre Neutralitätspflicht verletzen. Da hat es zum Beispiel die Klage gegen die damalige Bundesforschungsministerin Johanna Wanka gegeben, die auf ihrer Ministeriumsseite gegen die AfD austeilte. Oder ein Interview, in dem sich die frühere Bundesfamilienministerin Schwesig dafür ausgesprochen hat, dass die NPD auf keinen Fall ins Parlament einziehen dürfe. Wanka musste ihre Aussage übrigens löschen, Schwesig konnte keine Verletzung der Neutralitätspflicht nachgewiesen werden.

Und Merkel? Darüber sprechen detektor.fm-Redakteurin Rabea Schloz und Rechtsanwalt Achim Doerfer in einer neuen Folge von „Ist das gerecht?“.

Redaktion