(K)ein Wahlkampfthema | Obdachlose in Deutschland

Ohne Wohnung, ohne Wahl?

Der Wahlkampf dreht sich vor allem um Migration, Diesel-Skandal und die Türkei. Obdachlose und ihre Probleme werden dagegen fast nie thematisiert. Woran liegt das?

Mehr Obdachlose in Deutschland

Die CDU betont im Wahlkampf, wie gut es Deutschland geht. Die SPD fordert „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ und versucht zumindest soziale Themen zu besetzen. Obdachlose und ihre Probleme tauchen im Wahlkampf jedoch kaum auf. Eine Folge ist, dass sich viele Wohnungslose enttäuscht von der Politik abwenden und gar nicht erst wählen gehen.

In Deutschland steigt nach neuesten Schätzungen die Wohnungs- und Obdachlosigkeit weiter. Prognosen zufolge wird es im Jahr 2018 über 500.000 Wohnungslose in Deutschland geben. Das wäre eine Steigerung von 60 Prozent im Vergleich zum Jahr 2014. Dass sich diese Zahlen nur prognostizieren lassen, liegt daran, dass es keine bundesweit einheitliche Statistik zu Wohnungslosigkeit gibt. Die wäre aber nötig, um das Problem nachhaltig anzugehen.

Offensichtlich will niemand dafür zur Verantwortung gezogen werden, dass es in Deutschland wohnungslose Menschen gibt. – Werena Rosenke, Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.

Strukturelle Probleme

Die fehlende Statistik sorgt für Probleme, denn eine koordinierte Hilfe für Obdachlose ist nur möglich, wenn genaue Zahlen vorliegen. Das ist vor allem für die Bereitstellung von Notunterkünften wichtig. Die sind nämlich regelmäßig überfüllt, wenn sie überhaupt vorhanden sind. Und auch für eine bessere ärztliche Versorgung wären belastbare Zahlen wichtig.

Aber man könnte auch früher bei den Problemen, die dazu führen, dass Menschen ihre Wohnung verlieren, ansetzen. Einerseits fehlen Sozialwohnungen. Andererseits spielen oft auch persönliche Probleme der Betroffenen eine Rolle. Einige sind unfähig, fremde Hilfe anzunehmen, andere haben psychische Probleme. Politische Ideen, die Obdachlosigkeit nachhaltig verringern, müssten also schon viel früher ansetzen.

Warum Obdachlose im Wahlkampf keine Rolle spielen und wie und ob sie selbst bei der Wahl ihre Stimme abgeben können, hat Werena Rosenke im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop erklärt. Sie ist stellvertretende Geschäftsführerin bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.

Über Jahre hat es fast keinen sozialen Wohnungsbau mehr gegeben. Das heißt: die Zahl der preiswerten Wohnungen geht kontinuierlich zurück.Werena Rosenke 

Redaktion: Lukas Gilbert

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