Wer nicht fragt, bleibt dumm | Debakel um Frankfurt Hahn

Schlecht beraten: KPMG und der angebliche Flughafenkäufer

Der Flughafen Frankfurt Hahn ist pleite. Ein Investor ist bereit, ihn zu kaufen. Das Land Rheinland-Pfalz freut sich: zu früh. Denn den zahlungskräftigen Käufer aus China gibt es offenbar gar nicht. Dabei waren Wirtschaftsberater von KPMG extra beauftragt worden, den Käufer zu prüfen. „fragdenstaat.de“ hat die Unterlagen – und erklärt, was bei der Prüfung schiefgelaufen ist.

Einmal in der Woche sprechen wir von detektor.fm mit fragdenstaat.de. Auf dem Portal kann jeder Fragen an den Staat stellen: an einzelne Behörden, Bundesländer oder an den Bund.

Das ist möglich, weil es Informationsfreiheitsgesetze gibt. Nur kennt die natürlich nicht jeder auswendig. So hat fragdenstaat.de einen vollautomatischen Ablauf gebastelt, den jeder nutzen kann. Seitdem stellen viele Menschen viele Fragen an den Staat: mehrere tausend Anfragen pro Jahr. Die interessantesten davon besprechen wir wöchentlich mit den Machern von fragdenstaat.de.

Verkauf von Flughafen Frankfurt Hahn gescheitert

Diesmal klingt alles wie ein Wirtschaftskrimi: Ein chinesischer Investor kauft einen deutschen Flughafen. Der Eigentümer, das Land Rheinland-Pfalz, ist froh darüber und schaltet eine große Kanzlei für Wirtschaftsprüfung ein, um den Käufer unter die Lupe zu nehmen. Die Prüfer der Wirtschaftsberatungsfirma KPMG geben grünes Licht. Doch später kommt raus: Diesen neuen Käufer gibt es gar nicht.

Das wirklich Schlimme an der Anfrage sind die Inhalte. – Arne Semsrott, fragdenstaat.de

Nach Anfrage beim Land Rheinland-Pfalz liegt einem Antragssteller nun die Integritätsprüfung vor: das Dokument, mit dem die Wirtschaftsberater den vermeintlichen Käufer aus China geprüft haben. Innerhalb von zwei Wochen hat das Innenministerium das 45-seitige Dokument herausgegeben.

Die vorbildliche Bearbeitung ist hauptsächlich dem „Transparenz-Gesetz“ zu verdanken. Erst vor kurzem wurde es in Rheinland-Pfalz eingeführt. Fester Bestandteil sind unter anderem Schulungen der Behörden-Mitarbeiter in puncto Informationsfreiheit.

KPMG-Wirtschaftsprüfer fallen auf vermeintlichen Investoren herein

Weniger vorbildlich ist hingegen die scheinbar oberflächliche und mangelhafte Prüfung durch die Wirtschaftsberater gewesen. Trotz der Hinweise darauf, dass es sich bei dem vermeintlichen Interessenten SYT (Shanghai Yiqian Trading) um einen unseriösen Geschäftspartner handelte, gab KMPG für alle Bewertungskriterien grünes Licht. Und stellte dem Land Rheinland-Pfalz dafür mehr als sechs Millionen Euro in Rechnung. Der eigentliche Kaufpreis fü den Flughafens Frankfurt Hahn lag gerade einmal bei 12 Millionen.

Outsourcing ermöglicht Flucht in die Geheimnistuerei. -Arne Semsrott

Prüf- und Beratungsaufgaben wandern immer öfter von staatlicher in private Hand. So hat zum Beispiel auch das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Beraterverträge mit großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wie KPMG, Ernst&Young oder Roland Berger. Für die Informationsfreiheit ist das allerdings ein großes Problem, denn anders als öffentliche Einrichtungen, können privatwirtschaftliche Unternehmen nicht dazu verpflichtet werden, Dokumente herauszugeben.

Seit dem gescheiterten Deal verhandelt das Land nun mit zwei weiteren Interessenten – und wird dabei beraten von: KPMG.

Über diesen Fall und die dahinterliegende Informationsfreiheitsanfrage spricht detektor.fm-Moderatorin Juliane Neubauer mit Arne Semsrott, dem Projektleiter von fragdenstaat.de.

Redaktion: Friederike Rohmann


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