NSA-Untersuchungsausschuss: Beim Sondergutachten abgeschrieben?

„Das ist eine Farce“

Wir wissen nicht, was genau die Geheimdienste über uns wissen und offenbar soll das auch so bleiben. Im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss wird zwar fleißig diskutiert, doch die großen Enthüllungen bleiben bisher aus. Nun sorgt ein weiterer Vorfall für Fragezeichen: Bei einem Sondergutachten soll einfach abgeschrieben worden sein. Hat das Konsequenzen?

Seit über einem Jahr tagt der Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre nun schon im Deutschen Bundestag. Das „Ausmaß und die Hintergründe der Ausspähungen durch ausländische Geheimdienste in Deutschland“ sollen endlich aufgeklärt werden. Zwar geraten immer wieder neue Details zum Abhörskandal an die Öffentlichkeit – was die Geheimdienste genau über uns wissen, ist aber weiterhin unklar.

Was verheimlicht die Bundesregierung?

In einem Sondergutachten wurde nun untersucht, welche Selektoren die NSA in die Datenbank des Bundesnachrichtendienstes eingeschleust hat. Selektoren, das sind Stichworte, nach denen gesucht wird: Daten wie Handynummern oder E-Mail-Adressen. Diese Stichworte hat der BND genutzt, um in seiner eigenen Datenbank mögliche Abhörziele zu finden.

Das hat überhaupt nichts im Aufgabenprofil der Nachrichtendienste verloren. – Martina Renner (Die Linke), Obfrau im NSA-Untersuchungsausschuss

Die Mitglieder des Bundestags dürfen in diese Selektorenlisten keinen Einblick bekommen. Stattdessen wurde der ehemalige Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich von der Bundesregierung zur „Vertrauensperson“ hierfür bestimmt. Er sollte klären, inwiefern Rechte von Bürgern und Unternehmen verletzt wurden.

Vergangene Woche dann das Ergebnis des Gutachtens: Darin wird die Schuld vor allem auf den ausländischen Geheimdienst der USA geschoben, die Kritik am BND fiel wohl gering aus. Für die Opposition eine unzulässige Verkürzung. Zudem gelange der Ausschuss durch das Gutachten kaum an neue Informationen: Die Selektoren bleiben weiterhin unbekannt.

Kurt Graulich hat die Vorwürfe im heutigen Ausschuss deutlich von sich gewiesen. Mit Konsequenzen hat der frühere Richter wohl ohnehin kaum zu rechnen.

Ein Fall für das Bundesverfassungsgericht

Die Bundesregierung verwehrt den Mitgliedern des Bundestags weiterhin den Einblick in die Selektorenliste. Die Daten seien zu brisant und dürften unter keinen Umständen an die Öffenlichkeit gelangen. Aus diesem Grund hat die Opposition nun eine Verfassungsklage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht.

Wir glauben, durch den heutigen Tag auch gestärkt in unserem Klagebegehren in Karlsruhe zu sein. – Martina Renner (Die Linke)

Über die aktuellen Geschehnisse im NSA-Untersuchungsausschuss hat detektor.fm-Moderator Gösta Neumann mit der Obfrau Martina Renner (Die Linke) im Interview gesprochen.

Herr Graulich plappert die rechtsirrigen Auffassungen des Bundesnachrichtendienstes nach.Martina Renner 

Redaktion: Laura Zachmann


detektor.fm sammelt – für eine neue Sendung am Vormittag