Polen | Umstrittenes Mediengesetz tritt in Kraft

Das Ende der freien Presse?

Mit dem Jahreswechsel tritt in Polen ein umstrittenes neues Mediengesetz in Kraft. Es reiht sich ein in eine Reihe von Gesetzen, die nicht nur in Polens Gesellschaft gerade für Diskussionen sorgen. In Brüssel überlegt man sogar, offiziell zu beobachten, ob Polen sich noch „rechtsstaatlich“ verhält. Eine der profiliertesten deutschen Stimmen, wenn es um Polen geht, ist Gesine Schwan. Sie sieht in dem neuen Gesetz einen Versuch zur Gleichschaltung. Warum, erklärt sie im Interview.

Polen: Umwandlung der Medienlandschaft

Die umstrittene PiS-Regierung arbeitet weiter tatkräftig an der Umgestaltung Polens. Nun hat Präsident Andrzej Duda das neue Mediengesetz unterzeichnet. Das überträgt die Macht zur Besetzung der Direktorenposten bei der staatlichen Nachrichtenagentur und in den öffentlich-rechtlichen Medien an den Schatzminister. Wlodzimierz Karpinski kann jetzt also über die führenden Journalisten des Landes frei entscheiden.

Das neue Mediengesetz verstößt ganz klar gegen die Medienfreiheit. – Gesine Schwan, SPD-Politikerin und Mitgründerin der deutsch-polnischen „Humboldt-Vidarina School of Governance“

Doch es wird wohl nicht bei diesem Eingriff in die Medienlandschaft bleiben. Kulturminister Piotr Glinski bestätigte diesen Donnerstag konkrete Pläne, innerhalb von drei Monaten sämtliche Mitarbeiter der staatlichen Medien und Nachrichtenagentur zu entlassen. Um erneut eingestellt zu werden, müssen die Mitarbeiter eine Eignungsprüfung durchlaufen. Wie die konkret aussehen wird, ist momentan noch unklar.

Man weiß noch nicht, was die Prüfungen bedeuten, doch es kann sich eigentlich nur um Gesinnungsprüfungen halten. – Gesine Schwan, SPD-Politikerin

Eine Niederlage musste dank der neuen Änderungen auch der Rundfunkrat KRRiT einstecken. Er hat erheblich an Macht verloren. An seine Stelle soll nun ein vom Parlament eingesetzter „Rat für die nationalen Medien“ rücken.

Nötige Reformen unter den falschen Vorzeichen

Begründet werden die Änderungen meist mit angeblich fehlender Objektivität der alt-eingesessenen Journalisten sowie dem ausbleibenden Umbau nach dem Ende der diktatorischen Volksrepublik 1989.

Diese Ansichten zur Notwendigkeit von Reformen teilen auch einige Journalisten.

Polen auf den Weg in die Gleichschaltung?

Vielen Medien, gerade in Deutschland, sehen Polen auf dem Weg in Richtung einer gleichgeschalteten Gesellschaft. Häufig werden Vergleiche mit den Ereignissen in Ungarn vor knapp sechs Jahre gezogen. Doch sind die momentanen Entwicklungen wirklich so dramatisch?

Detektor.fm-Moderator Alexander Hertel hat dazu Gesine Schwan befragt. Die Politikwissenschaftlerin war Präsidentin der Europa-Universität Viadrina und gilt aus ausgewiesene Polen-Kennerin.

Von der gesamten Konzeption her ist dies ein Versuch der Gleichschaltung. (…) Aber ich glaube nicht, nach wie vor, dass die polnische Gesellschaft sich das gefallen lassen wird.Gesine Schwan 

Redaktion: Markus Vorreyer