Sicherheitspolitk | NATO und Montenegro

Einladung oder Provokation?

Der Balkanstaat Montennegro ist dazu eingeladen worden, Mitglied der NATO zu werden. Russland reagiert darauf verärgert und droht mit Konsequenzen.

detektor.fm sammelt für eine neue Vormittagssendung


Das Ende der Zurückhaltung

Seit dem Jahr 2009 möchte die NATO wieder einen neues Mitglied aufnehmen und die Ost-Erweiterung weiter vorantreiben. Deshalb hat die Nato nun den Balkanstaat Montenegro zum Beitritt ins Militärbündnis eingeladen. Der Weg für das kleinste Land Ex-Jugoslawiens in das größte Militärbündnis der Welt steht offenbar offen.

#Montenegro invited to become 29th member of #NATO at #ForMin today pic.twitter.com/S8crGJ5avu

— NATO (@NATO) 2. Dezember 2015

Doch euphorische Stimmung herrscht nicht überall. Denn Russland fühlt sich vom NATO-Vorstoß brüskiert und macht durch Drohgebärden auf sich aufmerksam. Moskau sieht durch einen potentiellen Beitritt Montenegros zum Militärbündnis die Sicherheit in Europa in Gefahr.

NATO und Russland befinden sich in einer Eskalationsspirale, jetzt nochmal an dieser Spirale zu drehen und einen Bündniskandidaten aufzunehmen, bei dem es deutliche Fragen zur Fähigkeit des Kandidaten gibt, das Militärbündnis zu stärken, ist kritisch. – Ulrich Kühn im Interview mit detektor.fm

Montenegro-Entscheidung der NATO umstritten

Russland hat bereits in der Vergangenheit die NATO wiederholt davor gewarnt, den Balkanstaat aufzunehmen. Moskau kündigt im Fall eines Beitritts Konsequenzen an und betrachtet den Vorstoß des westlichen Militärbündnisses als deutliche Provokation. Allerdings besteht die Armee Montenegros – das etwa so groß ist wie Stuttgart-  nur aus 2000 Mann. Die militärische Bedrohung für Russland steigt demnach nicht drastisch an. Bei so einer kleinen Armee muss jedoch hinterfragt werden, was die NATO selbst vom Beitritt Montenegros hat?

Russland hat schon seit Mitte der 1990er Jahre deutlich gemacht, dass es die NATO-Osterweiterung als Bedrohung empfindet. – Ulrich Kühn vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg

Beitritt spaltet Bevölkerung

Auch in Montenegro selbst ist die Bevölkerung gespalten. Montenegro mit seinen 620.000 Einwohnern war vor 16 Jahren noch selbst Schauplatz zahlreicher NATO-Kampfhandlungen während des Kosovo-Krieges.

#Nato-Beitritt: Opposition in #Montenegro warnt vor Bündnis mit „historischem Feind“ https://t.co/YHDZh9sDTk

— Sputnik Deutschland (@de_sputnik) 2. Dezember 2015

Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs hat die NATO mittlerweile zwölf neue Mitglieder vor allem aus Osteuropa aufgenommen. Zuletzt wurde das Bündnis im Jahr 2009 auf Kroatien und Albanien ausgeweitet. Die letzten Regierungen in Montenegro hatte nach der Abspaltung von Serbien und der Unabhängigkeit im Jahr 2006 einen pro-westlichen Kurs eingeschlagen und die Annäherung an die NATO eingeleitet.

Montenegro ein Land an der Weggabelung zwischen Ost und West? Über die Einladung in das Militärbündnis hat detektor.fm-Moderator Thibaud Schremser mit Ulrich Kühn gesprochen. Er arbeitet am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg.

 

Es ist fraglich, ob der Zeitpunkt richtig gewählt ist. NATO und Russland befinden sich bereits seit über einem Jahr in einem sehr angespannten Verhältnis. Manche sprechen von einem neuen Kalten Krieg.Ulrich KühnCC BY-SA 2.0 

Redaktion: Carsten Jänicke