In Aachen ist die Angst vor der Atomkraft zurück. Man habe alles im Griff, heißt es von Seiten des belgischen Atomkraftwerks in Tihange. Trotzdem häufen sich Pannen und Störfälle rund um das marode Kernkraftwerk in Huy an der Maas. In Aachen und den umliegenden Städten bereiten sich einige auf das „unkalkulierbare Risiko“ vor. Bei einer atomaren Katastrophe läge das Kraftwerk nur knapp 70 Kilometer entfernt.
Energiepolitik ist Ländersache. Das musste auch die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bei ihrem gestrigen Besuch in Belgien erfahren. Anstatt die maroden Atomkraftwerke in Tihange und Doel vom Netz zu nehmen, vertraut die belgische Regierung auf die bestehenden Sicherheitsstandards in beiden Atomkraftwerken. Für viele Menschen in der Region Aachen, die nur circa 70 Kilometer vom Pannen-AKW entfernt ist, sind diese Zustände unhaltbar.
Eine regelrechte Pannenserie im vergangenen Dezember verängstigt noch immer viele Bewohner der angrenzenden deutschen Städte. In den letzten Jahren mussten die Reaktoren Tihange-1 und Tihange-2 aufgrund einer Vielzahl von Zwischenfällen immer mal wieder abgeschaltet werden. Nach 21 Monaten Pause ist im Dezember 2015 auch der stark kritisierte Reaktor-2 wieder in Betrieb genommen worden. Dennoch müssen die Reaktoren durch Fehler immer wieder heruntergefahren werden.
Es ist seit Jahren nachgewiesen, dass der Reaktor Tihange-2 nicht nach den zugrundeliegenden Normen sicherheitstechnisch nutzbar ist. Trotzdem wird er wieder angefahren. – Jörg Schellenberg vom Anti-AKW-AC
Das vermehrte Auftreten von Rissen im Druckbehälter von Reaktor-2 und ein Brand in Reaktor-1 fügen sich in eine Reihe von Störfällen ein, die von umliegenden niederländischen und deutschen Umweltschützern mit Besorgnis beobachtet wird. Die belgische Atomaufsicht versucht die Zweifel offenbar kleinzureden. Die Atomkraftwerke in Tihange und Doel seien sicher. Bis 2025 will der Betreiber Electrabel mit seinen AKW weiterhin über 50 Prozent der Energie für die belgische Bevölkerung liefern.
Die Städteregion Aachen versucht nun über den juristischen Weg gegen Tihange-2 vorzugehen. Dabei erhalten sie zahlreiche Unterstützung, auch von niederländischen Kommunen. Für den Ernstfall bereitet man sich trotzdem vor. Oberbürgermeister Marcel Philipp fordert mehr Jod-Tabletten von der Landesregierung, die Feuerwehr verteilt Ratgeber und auch Katastrophenschutzübungen sollen Schäden durch einen möglichen Reaktorunfall vorbeugen. Die belgischen Anwohner bleiben weiterhin ruhig. Sie vertrauen in die Energiepolitik Belgiens.
Schalten Sie dieses Atomkraftwerk ab! #aachen #tihange pic.twitter.com/S4qOq04lfC
— Stadt Aachen (@PresseamtAachen) 28. Januar 2016
Was unternimmt die Stadt Aachen gegen eine mögliche atomare Katastrophe? detektor.fm-Moderatorin Constanze Müller hat den Sprecher des Aachener Aktionsbündnisses gegen Atomenergie dazu befragt. Im Gespräch verrät Jörg Schellenberg, warum die belgischen Atomkraftwerke mehr als störend sind, inklusive Störgeräusche.
Ein Kommunalpolitiker beweist, was die deutsche Regierung ausschließt. Man hat eine rechtliche Handhabe gegen Belgien.Jörg Schellenberg
Redaktion: Johanna Siegemund