Thementag Friedliche Revolution | Politische Analyse

„Angst ist die halbe Macht der Diktatur“

Eine Mischung aus Angst und Hoffnung hat die Menschen während der ersten Montagsdemonstrationen im Herbst 1989 begleitet. Doch ihre tausendfachen Rufe „Keine Gewalt“ und „Wir sind das Volk“ sind letztendlich erfolgreich. Am 9. Oktober 1989 ist Geschichte geschrieben worden.

Die Friedliche Revolution in der DDR ist sicherlich die tiefgreifendste Veränderung in Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen. Heute vor 25 Jahren hat in Leipzig die entscheidende Montagsdemonstration stattgefunden. Die Stadt Leipzig gedenkt heute der mutigen Frauen und Männer, die vor 25 Jahren für ihre persönliche Freiheit auf die Straße gegangen sind.

Die Welt schaute auf die Friedliche Revolution in Leipzig

Wolfgang Thierse (SPD) erlebt die Demonstration damals von Berlin aus. Für ihn ist der 9. Oktober 1989 der Höhe- und Wendepunkt der Friedlichen Revolution. Ein Tag, der vor allem von unsicherem Abwarten und angstvollen Erwartungen geprägt war. Im Rückblick wirkt Geschichte oft linear und folgerichtig. Es wirkt als ob die DDR stürzen musste, weil sich ihre Bürger gegen sie gewandt haben. Doch damals wussten die Demonstranten nicht, ob die SED-Führung auf den Einsatz vor Gewalt zurückschrecken würde.

Angst ist die halbe Macht der Diktatur. – Wolfgang Thierse

Ich glaube, es dauert nicht noch einmal 25 Jahre bis Deutschland zusammengewachsen ist.Wolfgang Thierse 

Ein Tag im Leben –  Zwei Welten

Der heutige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) betrachtet 1989 die Ereignisse in Leipzig von der Bundesrepublik aus. Dort ist den Menschen im Jahr 1989 die Lage der DDR weit weniger bewusst. Erst eine Woche vor dem 9. Oktober 1989 nimmt Nobert Lammert die Demonstrationen in der DDR wahr.

Das war ein außergewöhnlicher Vorgang in der deutschen Geschichte. Dafür gab es bis dahin auf deutschem Boden keine vergleichbaren Beispiele.Norbert LammertCC BY-SA 3.0 

Ist der Prozess der Wiedervereinigung schon abgeschlossen?

Die Friedliche Revolution setzt den Startschuss für die Wiedervereinigung Deutschlands. Ohne, dass die Demonstranten es bewusst wahrgenommen haben, schafften sie die DDR ab. Der Wissenschaftler Jochen Staadt untersucht seit Jahren den Stand der Wiedervereinigung. Er legt dabei besonderes Augenmerk auf die Verlierer der Wende.

Ost- und Westdeutschland sind nicht verschmolzen und ich denke, dass wäre auch gar nicht wünschenswert. Es gibt eine eigene Geschichte der Gebiete, die früher die Bundesrepublik (West) und die DDR (Ost) waren. Die Angleichung von Ost und West ist aber meines Erachtens sehr, sehr weit vorangeschritten.Jochen Staadt 

Unrecht bleibt Unrecht

Einen anderen Zugang findet Hubertus Knabe, der Historiker und Leiter der Gedenkstätte Hohenschönenhausen,  setzt sich mit der Tätigkeit der Stasi in DDR und Bundesrepublik auseinander. Er sieht die Bilanz der Aufarbeitung des DDR-Unrechts durchaus gespalten. Knabe kritisiert beispielsweise, dass die Täter nur unzureichend juristisch belangt wurden.

Ich bin sehr für Gelassenheit. Aber man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass es hier um menschliche Schicksale geht.Hubertus Knabe 

Aus Zwei mach Eins

Mit der DDR und der Bundesrepublik vereinigten sich 1990 zwei Welten. Planwirtschaft traf auf Soziale Marktwirtschaft, Vollbeschäftigung auf teilweise Arbeitslosigkeit, ein sozialistischer Staat auf einen Demokratischen. Vor allem für viele DDR-Bürger war der Übergang nicht leicht: Sie hatten ein Leben vor und ein Leben nach der Wende. Warum das nicht einfach ist und es viele noch heute, 25 Jahre später, begleitet, darüber haben wir mit der Autorin Ines Geipel gesprochen. Sie ist 1960 in Dresden geboren, war Leistungssportlerin in der DDR und ist im Sommer 1989 in den Westen geflohen. In ihrem Buch „Generation Mauer“ erforschte Ines Geipel aus persönlicher und wissenschaftlicher Sicht, was ihre Generation ausmacht.

Ich bin ziemlich ernüchtert, die Sache mit der Mauer hat kein Ende.Ines Geipel 

Die Wiedervereinigung als Erfolgsgeschichte

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sieht die Wiedervereinigung ökonomisch als Erfolgsgeschichte. Wie die Forscher darauf kommen und was das konkret bedeutet, das haben wir mit einem der Autoren besporchen. Karl Brenke vom DIW im Gespräch mit Alexander Hertel.

Karl Brenke 
Thementag Friedliche Revolution | DIW-Forscher Brenke zur wirtschaftlichen Bilanz der Wiedervereinigunghttps://detektor.fm/wp-content/uploads/2014/10/diw-ostdeutsche-wirtschaftskraft.mp3

US-Diplomaten danken beiden Seiten des Herbstes 1989

Schließlich haben wir den ehemaligen US-Außenminister James Baker und den aktuellen US-Botschafter John B. Emerson nach ihrer Botschaft für den Stadtfunk gefragt.

Change does not have to come from the top.John B. Emerson 
Thementag Friedliche Revolution | Ex-US-Außenminister Baker und US-Botschafter Emersonhttps://detektor.fm/wp-content/uploads/2014/10/ex-aussenminister-baker-und-us-botschafter-emerson-zum-stadtunk.mp3