Beim Thema Walfang stehen bisher vor allem Japan und Island am Pranger – nun gerät Norwegen in den Mittelpunkt der Diskussion. In den vergangenen zwei Jahren sollen durch norwegische Fischer so viele Wale getötet worden sein, wie von Japan und Island zusammen. Kritik bleibt jedoch weitestgehend aus.
Die Internationale Walfangkommission setzt sich seit 1948 mit ihren 88 Mitgliedsstaaten für den Schutz der Walpopulationen ein. Darum wurde der Walfang 1986 durch ein Moratorium fast gänzlich verboten. Nur Grönland ist der Fang aufgrund der traditionellen Verankerung weiterhin erlaubt. An den Beschluss halten sich jedoch nicht alle Länder.
Japan jagt mit dem Vorwand der Wissenschaft weiterhin. Island und Norwegen erkennen das Verbot nicht an und sehen sich daher nicht an die Weisung gebunden: Sie betreiben kommerziellen Walfang. Norwegen ist bisher von der Kritik verschont geblieben. Dabei ist das Land mit über 5.600 erlegten Walen in den letzten zehn Jahren die größte Walfangnation.
Mit konfrontativen Resolutionen hat man sich in den letzten Jahren zurückgehalten, damit die Walfangländer nicht aus der Organisation austreten. – Walter Dübner, Leiter der deutschen Delegation der Internationalen Walfangkommission
Die Organisationen Pro Wildlife, OceanCare und Animal Welfare Institute (AWI) werfen der norwegischen Regierung nun vor, den Walfang sogar systematisch zu fördern. Das haben die Artenschutzorganisationen in dem gemeinsamen Bericht „Frozen in Time“ veröffentlicht.
Wenn man die Anzahl der erlaubten Fänge von 500 auf 1.000 Tiere im Jahr erhöht, ist das ein klares Signal an die Walfänger, einen Zahn zuzulegen. Das erfüllt uns mit großer Sorge. – Walter Dübner
Fraglich bleibt dabei vor allem der wirtschaftliche Nutzen für Norwegen. Staatliche Garantieabnahmen für Walfleisch müssen den Walfang dort sogar subventionieren. Nur rund ein Prozent der Fischer verdient am Verkauf von Walprodukten. Denn der durchschnittliche Verbrauch und das Interesse der Konsumenten ist so gering, dass das Fleisch teilweise zu Tierfutter verarbeitet oder in Pelzfarmen verfüttert wird.
Dabei hat industrieller Walfang zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Bestände so dramatisch schrumpfen lassen, dass viele Arten bis heute bedroht sind. Vor allem die Tötung von fortpflanzungsfähigen Weibchen könne das Überleben des Zwergwals im Nordatlantik gefährden, berichtet der IFAW.
Waren damals Waltran und -fleisch wertvolle Güter, sei Walfang heute ein Relikt der Vergangenheit, findet Sandra Altherr von Pro Wildlife: „Das ist in einem der weltweit modernsten und wohlhabendsten Länder nicht mehr zeitgemäß.“
Die norwegische Regierung entgegnet den Vorwürfen vor allem die Bewahrung von Traditionen. Das steht allerdings im Widerspruch zu den vornehmlich kosmetischen Produkten, die von der Regierung unterstützt werden. Besonders die Entwicklung von Nahrungsergänzungsmitteln, alternativen Heilmitteln und Kosmetik aus Walöl sollen die Industrie am Leben halten.
Wie sich Norwegen um das Walfang-Verbot herummogelt, erklärt Walter Dübner vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Interview mit detektor.fm-Moderatorin Anke Werner. Er ist Leiter der deutschen Delegation der Internationalen Walfangkommission.
Niemand wird die Marine in Gang setzen, um den norwegischen Walfang zu verhindern. Nur die Öffentlichkeit kann helfen, den Druck auf diese Länder zu erhöhen.Walter Dübner
Redaktion: Anna-Lena Stumpf