Wer nicht fragt, bleibt dumm | Leiharbeit: Bundestag beschäftigt Niedriglöhner

Wer schreibt, der bleibt nicht

Der deutsche Bundestag beschäftigt viele seiner Schreibkräfte in Leiharbeit. Für das Abgeordnetenhaus ist das deutlich günstiger, als die Arbeitskräfte fest anzustellen. Statt Transparenz gibt es in der Angelegenheit allerdings nur verschwommene Ausreden.

Wie frage ich den Staat, wenn ich etwas von ihm wissen will? Die Webseite fragdenstaat.de hat dafür einen vollautomatischen Ablauf integriert, den jeder nutzen kann. Seit es das Portal gibt, gehen mehrere tausend Anfragen pro Jahr ein. An die Behörden, den Bund und die Länder. Denn dank der Informationsfreiheitsgesetze muss der Staat seinen Bürgern zu fast jeder Frage eine Auskunft erteilen. Die spannendsten Fragen – und Antworten – besprechen wir jede Woche mit den Machern von fragdenstaat.de.


Bundestag beschäftigt Leiharbeiter

„Wer schreibt, der bleibt“: eine alte, aber bis heute gültige Redensart aus der Welt der Bürokratie. Während Abgeordnete periodisch ihre Plätze räumen müssen und sich das Personalkarussell an der Spitze oft schneller dreht, bleiben Schreibkräfte und Sekretärinnen meist über viele Jahre und werden nicht selten zu den eigentlichen „alten Hasen“ und „grauen Eminenzen“ in großen Firmen und Behörden. Das galt jahrelang auch im Deutschen Bundestag  doch die Zeiten scheinen vorbei:

Um Kosten zu sparen, beauftragt die Parlamentsverwaltung des Bundestags Leiharbeitsfirmen mit der Beschäftigung von Schreibkräften. Die Leiharbeiter werden von einem Anbieter für einen bestimmten Zeitraum entliehen und nach Ablauf des Leihvertrags wieder ersetzt. Diese Praxis ist für das Parlament kostengünstiger: eine festangestellte Schreibkraft müsste mit mindestens 2.060 Euro pro Monat entlohnt werden. Ein Leiharbeiter bekommt nur etwa 1.500 Euro.

Die Krux vom Widerspruch

In Wahlprogrammen, Reden und TV-Auftritten wird oft von der fairen Entlohnung von Arbeit gesprochen und Politiker bekräftigen regelmäßig, jeder müsse von seiner eigenen Arbeit leben können. Die Realität aber wirft Fragezeichen auf.

Bereits vor mehreren Jahren berichtete das ARD-Magazin „Report Mainz“ über im Bundestag beschäftigte Leiharbeiter, die ihre Einkünfte durch Zuschüsse auf Hartz-IV-Niveau aufstocken mussten. Darin heißt es von der Parlamentsverwaltung, solche Arbeitskräfte würden lediglich eingesetzt, um einen kurzfristigen Bedarf zu decken.

„Dann müssen die Politiker vor der eigenen Haustür kehren“

Als öffentliche Behörde ist der Bundestag durch das Informationsfreiheitsgesetz zur Transparenz verpflichtet. Auf Nachfrage müsste die Verwaltung des Parlaments also die Gründe zur Anstellung von Leiharbeitern und ihre Kriterien offenlegen  denkt man. Stattdessen weicht die Bundestagsverwaltung aus und beruft sich auf „Geschäftsgeheimnisse“.

Was genau das bedeutet und welche Konsequenzen möglich sind, erklärt Arne Semsrott von fragdenstaat.de. detektor.fm-Moderator Alexander Hertel hat mit dem Transparenzaktivisten über seinen Versuch, vom Bundestag mehr über das Thema zu erfahren, gesprochen.


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