Frag den Staat | Der Fall Oury Jalloh

War es doch Mord?

Oury Jalloh wurde 2005 tot in seiner Gefängniszelle in Dessau aufgefunden. Lange ging man von einem Selbstmord aus. Nun haben neue Gutachten ergeben: Eine Fremdeinwirkung ist wahrscheinlicher. Eine komplette Einsicht in die Ermittlungsakten gibt es immer noch nicht.

Was ist passiert?

Im Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Gefängniszelle in Dessau. Er wurde unter Alkohol- und Drogeneinfluss festgenommen und soll seine Matratze mit seinem Feuerzeug selbst angezündet haben.

So lautete lange die offizielle Version im Todesfall des Asybelbewerbers aus Sierra Leone. Jetzt haben mehrere Sachverständige den Fall nochmal untersucht. Sie halten eine andere Version für wahrscheinlicher: Oury Jalloh wurde durch Fremdeinwirkung getötet.

Wende im Fall Oury Jalloh

Der zuständige Polizeibeamte für Oury Jalloh wurde 2008 freigesprochen. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt und 2012 wurde er wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. Beim Prozess kam es zu widersprüchlichen Aussagen der Polzisten, außerdem ist Beweismaterial verschwunden.

Die beiden Prozesse waren ziemlich durcheinander. Da gab es auch mutmaßliche Lügen von Polizeibeamten und es wurde nie wirklich geklärt, was da passiert ist. — Arne Semsrott, FragDenStaat.de

Obwohl die Experten eine Tötung für wahrscheinlicher halten, will die zuständige Staatsanwaltschaft in Halle die Ermittlungen jetzt einstellen. Die Anwältin der Familie nannte das einen „Skandal“.

Keine Akteneinsicht

All das ist bekannt, weil Einzelheiten aus den Ermittlungsakten dem ARD-Magazin „Monitor“ zugespielt wurden. Denn eigentlich verweigert die Staatsanwaltschaft die Einsicht in die Akten.

Die Grünen haben sich in eine andere Richtung bewegt. Sie unterstützen jetzt die Forderungen der Opposition, die Akten zumindestens für Parlamentarier offenzulegen. — Arne Semsrott

Auch die Fraktion der Linken hat Akteineisicht und eine internationale Untersuchungskommission gefordert. Doch bisher sperren sich die Regierungsparteien in Sachsen-Anhalt gegen eine Veröffentlichung der Ermittlungsakten. Doch die Grünen scheinen nun bereit zu sein, die Akten zu veröffentlichen.

Über die lange Geschichte des Falls Jalloh und die fehlende Transparenz der Ermittler hat detektor.fm-Moderatorin Isabel Woop mit Arne Semsrott von FragDenStaat.de gesprochen.

Wenn solche Daten und Dokumente, die wirklich wichtig sind für die gesamte Öffentlichkeit, auf legale Art nicht veröffentlicht werden können, muss man vielleicht das Informationszugangsgesetz reformieren.Arne Semsrott 

Redaktion: Rewert Hoffer


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