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Nahostkonflikt: Wie positioniert sich Lateinamerika?

Im Nahostkonflikt haben sich die lateinamerikanischen Staaten oft pro-palästinensisch positioniert. Warum eigentlich?

Gleich mehrere Brücken brechen

In vielen lateinamerikanischen Ländern schwindet die Unterstützung für Israel im Nahostkonflikt: Mit Chile und Kolumbien haben gleich zwei Staaten ihre Botschafter nach Hause beordert. Bolivien bricht seine diplomatischen Beziehungen mit Israel sogar komplett ab, obwohl diese erst 2020 wieder aufgenommen wurden. Vor 14 Jahren hatte Bolivien die Beziehungen zu Israel das erste Mal abgebrochen. Die Begründung war dieselbe wie jetzt: Bolivien verurteilt das militärische Vorgehen Israels in Gaza. Die lateinamerikanischen Staaten positionieren sich dabei vor allem an der Seite der palästinensischen Zivilbevölkerung. Doch die Anreize dafür unterscheiden sich laut Politikwissenschaftler und Lateinamerika-Experte Günther Maihold deutlich. Während der bolivianische Präsident bereits die kommende Präsidentschaftswahl vorbereitet, zeichnen sich in den restlichen lateinamerikanischen Staaten andere Gründe ab.

Im Fall Chile ist sicherlich maßgeblich, dass dort die größte palästinensische Community lebt. In Kolumbien haben wir eine relativ klare Position des Präsidenten, der mit seiner Twitter-Diplomatie sehr deutlich gemacht hat, dass er das Vorgehen Israels als Genozid betrachtet und deswegen Kolumbien dort nicht unbeteiligt daneben stehen könne.

Günther Maihold

Stiftung Wissenschaft und Politik

Rechts-Links-Spaltung im Nahostkonflikt?

Auch die lateinamerikanische Bevölkerung beteiligt sich rege an der Diskussion. Gerade die brasilianische Community spaltet sich auf Social Media in ein kleineres Lager, das den aktuellen brasilianischen Regierungschef unterstützt und mit Palästina sympathisiert. Auf der anderen Seite steht eine deutlich lautere Mehrheit an der Seite von Ex-Präsident Jair Bolsonaro, der Israel gegenüber schon länger positiv eingestellt ist. Bolsonaro und seine Unterstützerinnen und Unterstützer nutzen die aufgeheizte Stimmung ebenfalls für eigene Ziele, indem sie dem aktuellen Präsidenten Lula de Silva und seiner Partei Sympathie zur Hamas unterstellen.

Auch in lateinamerikanischen Regierungen erkennt man, dass die Unterstützung für Palästina besonders von links kommt. Woher diese Spaltung rührt und welchen Einfluss sie auf die globale Situation rund um den Israel-Palästina-Konflikt hat? detektor.fm-Moderator Lars Feyen spricht in dieser Folge „Zurück zum Thema“ unter anderem darüber mit Günther Maihold von der Stiftung Wissenschaft und Politik.