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Was stört Sie an der deutschen Erinnerungskultur, Max Czollek?

In Deutschland spielt die Erinnerungskultur eine wichtige Rolle. Für den jüdischen Autor Max Czollek handelt es sich dabei allerdings oft um ein „Versöhnungstheater“. Was genau bedeutet das?

Erinnerungskultur in Deutschland

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Nationalsozialismus wurden die begangenen Verbrechen in Deutschland zunächst totgeschwiegen oder abgestritten. Anstelle einer Erinnerungskultur herrschte jahrelang eine Verdrängungskultur. Erst viele Jahre nach 1945 setzte nach und nach eine Erinnerungskultur ein, die bis heute vor allem von politischer Seite besonders gepflegt wird.

Ich glaube, viele Leute sagen, Erinnerungskultur ist dafür da, dass wir unser eigenes Verhältnis zur Nation entkrampfen. Oder, dass wir wieder stolz sein können auf Deutschland. Erinnerungskultur ist im Endeffekt dafür da, dass wir so etwas wie die gute deutsche Geschichte wieder denken dürfen, weil wir haben uns mit unseren Dämonen konfrontiert.

Max Czollek, Autor

Foto: detektor.fm

Was bedeutet Versöhnungstheater?

Der jüdische deutsche Autor Max Czollek bezeichnet die deutsche Erinnerungskultur als „Versöhnungstheater“. Das bedeutet: Bei öffentlichen Akten wird für die Vergebung der Überlebenden und Nachgeborenen gebeten, ohne dass zuvor etwas dafür getan wurde. Es handelt sich Czollek zufolge also um ein Theaterstück der Deutschen, in dem sie beweisen wollen, dass man sich vom Nationalsozialismus entfernt hat.

In seinem Buch „Versöhnungstheater“ widmet Czollek sich der deutschen Erinnerungskultur und kritisiert sie nachdrücklich. So hat es für zu viele Schuldige keine Konsequenzen gegeben. Außerdem haben viele Opfer und Hinterbliebene deutlich zu wenige oder gar keine Entschädigungen erhalten.

Über die deutsche Erinnerungskultur und das „Versöhnungstheater“ hat Max Czollek auf der Leipziger Buchmesse mit detektor.fm-Moderator Thilo Sauer gesprochen.