detectiv – die Recherche-Serie | Ist die Arbeitslosenzahl geschönt?

Was die offizielle Statistik enthält und was nicht

Die Arbeitslosenzahl ist so tief wie seit 26 Jahren nicht mehr. Das zeigt die aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Eigentlich eine gute Nachricht. Aber diese Zahl scheint zu trügen. Denn längst sind nicht alle Arbeitslosen eingerechnet. Wer fehlt?

Jeden Monat erscheint eine neue Arbeitslosenzahl. Doch im Mai war sie für eine Überraschung gut: Mit knapp 2,5 Millionen Arbeitslosen sind so wenige Menschen arbeitslos wie zuletzt vor 26 Jahren. Seit 1991 waren nicht mehr so wenige Menschen ohne Arbeit. Also eine positive Entwicklung für die Bundesregierung.

Augen auf bei der Arbeitslosenzahl

Doch diese Zahlen dürfen nicht unkommentiert bleiben. Denn die Arbeitslosenzahl hängt von den verschiedensten Faktoren ab. Zum Beispiel kommt es darauf an, zu welcher Jahreszeit die Daten erhoben werden. Denn im Winter ist die Zahl erfahrungsgemäß um einiges höher als im Sommer. Das liegt besonders an saisonabhängigen Branchen wie dem Baugewerbe. Auch der Tourismus spielt im Sommer eine übergeordnete Rolle.

Rückgang der #Arbeitslosigkeit erfreulich! Trotzdem 75.283 mehr Erwerbslose in #Berlin als offizielle Zahl ausweist: https://t.co/OYGP2Umy7U pic.twitter.com/Jr104wON0n

— Linksfraktion Berlin (@LinksfraktionB) 31. Mai 2017

Zahlen geschönt durch Statistik und Gesetze

Doch nicht jeder, der einen Job sucht, taucht in der Statistik auf. Einige Arbeitslose werden mitunter als „Unterbeschäftigte“ an anderer Stelle ausgewiesen. Dennoch nützen niedrige Arbeitslosenzahlen durchaus der Bundesregierung. Die Erfassung der Arbeitslosenzahlen ist gesetzlich geregelt. Neue Gesetze, die bestimmen, wer als arbeitslos gilt, können zu sinkenden Zahlen führen.

Es gibt eine offizielle Arbeitslosenzahl, aber auch eine inoffizielle, die aus unserer Sicht die echte ist. – Jonathan Sachse, Journalist bei correctiv.org

Durch diese verschiedenen Quoten und Berechnungen kann am Ende eine andere Arbeitslosenzahl entstehen als die tatsächliche. Jonathan Sachse von der gemeinnützigen Rechercheplattform correctiv.org hat sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Und dabei ist er sogar auf Stimmen aus der Bundesagentur für Arbeit gestoßen, die neue Berechnungsgrundlagen fordern. Wem genau diese gesetzlichen Berechnungen nützen und wie hoch die Zahl tatsächlich ist, hat detektor.fm-Moderatorin Marie-Kristin Landes mit ihm besprochen.

Die Bundesagentur für Arbeit ist an der Sache nur teilweise schuld. Es ist vielmehr die gesetzliche Grundlage, die dahinter steckt. Die Agentur selbst hat da gar nicht so einen großen Spielraum.Jonathan Sachse 

Redaktion: Roberta Knoll


Der Detectiv. Jede Woche. Eine Recherche.
Im Gespräch mit

…recherchiert gemeinnützig. Seit 2014.

Den Detectiv gibt es auch als Podcast.

Moderation