EU-Flüchtlingsrecht: Drückt Deutschland sich vor der Verantwortung?

Länder an den Außengrenzen können den Ansturm kaum bewältigen, Binnenländer schauen weg: das europäische Flüchtlingsrecht ist alles andere als fair. Nun sorgen die Gerichte für Bewegung.

Es ist ein Grundsatz im europäischen Flüchtlingsrecht: in der EU ist für einen illegal eingereisten Flüchtlinge das Land zuständig, in welches er zuerst eingereist ist. Die Folge: Länder an den Außengrenzen sehen sich großen Anstürmen gegenüber – allen voran Griechenland – während die Länder im Binnenland die Flüchtlinge oftmals wieder in diese Länder abschieben. Das Problem: nur weil ein Staat auf dem Papier als „sicherer Drittstaat“ gilt, erwarten den Flüchtling dort noch lang nicht menschenwürdige Zustände. Gerade Griechenland sieht sich einer solchen Menge von Flüchtlingen gegenüber, dass man dort scheinbar einfach resigniert hat. Die Zustände hier können kaum mehr als menschenwürdig gelten – doch indem sie Flüchtlinge ohne wenn und aber dahin abschieben, verschließen Länder wie Deutschland davor die Augen.

Petra Follmar-Otto  

Nun hatte ein Asylbewerber, der aus Deutschland nach Griechenland abgeschoben werden sollte, vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen geklagt. Das Urteil war mit Spannung erwartet worden – aber es fiel nicht. Man hatte sich im Vorfeld hinter den Kulissen verständigt, die Abschiebungen aus Deutschland nach Griechenland für vorerst ein Jahr auszusetzen.

Das passt zu einem anderen aktuellen Urteil am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg: dort wurde Belgien zu 25.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt, die es an einen afghanischen Flüchtling zahlen muss – ebenfalls, weil man diesen nach Griechenland abgeschoben hatte. Sind all das Anzeichen dafür, dass eine Änderung des europäischen Flüchtlingsrechts unumgänglich ist? Welche Rolle spielt Deutschland hierbei? Und wie ist die Situation in Griechenland für all die Menschen, die dort auf Ihre Abschiebung warten müssen? Wir sprechen darüber: mit Petra Follmar-Otto vom Deutschen Institut für Menschenrechte.

Redaktion